2.1.3 Inhalte und Layout
Bei der Produktion von barrierefreien Lehrvideos geht es nicht darum, bestimmte Standards einzuhalten, um Barrieren nachträglich abzubauen. Das Ziel ist vielmehr, von Anfang an so wenig Barrieren wie möglich zu produzieren. Je weniger Barrieren in der Basisversion enthalten sind, umso weniger Anpassungen müssen nachträglich für die Barrierefreiheit vorgenommen werden. Die konkrete Umsetzung hängt deshalb von der Gestaltung von Bildaufbau, Folien und Text ab.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Bildaufbau zu gestalten. Die Lehrperson kann komplett als Totale sichtbar sein, hinter einem Pult stehen oder an einem Schreibtisch sitzen. Die Präsentationsfolien können wahlweise links oder rechts oder als Totale eingeblendet werden – um nur einige Möglichkeiten zu nennen. Ebenfalls ist es möglich, den Bildaufbau innerhalb eines Videos zu wechseln (siehe 2.2.1 Videoaufnahme). Egal, für welchen Bildaufbau Sie sich entscheiden: Bei der Planung sollte im unteren Teil Platz für Untertitel (UT) eingeplant werden. Es sollte ein einfarbiger Hintergrund gewählt werden. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Taubblinden e. V. empfiehlt z. B. ein dunkles Grau und auch die Kleidung der lehrenden Person im Video sollte möglichst einfarbig sein, um ‚visuelle Unruhe‘ zu vermeiden. Auch sollte die optimale Einbindung von Gebärdensprachdolmetscher*innen bei der Planung des Bildaufbaus und der Hintergrundgestaltung bedacht werden (siehe 2.2.3 Übersetzungen in die Deutsche Gebärdensprache).
Ein Skript ist sehr hilfreich bei der Vorbereitung der Aufzeichnung: So kann am Entwurf gemeinsam gearbeitet werden und die Barrierefreiheit konsequent geplant werden. Zudem dient das Skript als Grundlage für den möglichen Einsatz eines Teleprompters, die UT und das Transkript. Auch für Gebärdensprachdolmetscher*innen ist ein Skript hilfreich und für taube Gebärdensprachdolmetscher*innen notwendig.
Ein Storyboard (siehe Abbildung 2) ermöglicht die systematische Abstimmung zwischen gesprochenen und visuellen Inhalten, für die ggf. Audiodeskriptionen (AD) erstellt werden müssen. Für eine klare, inhaltliche Struktur des Sprechtexts hilft es im Storyboard auch das Ziel bzw. die zu vermittelnde Kompetenz festzuhalten, sodass allen Beteiligten an der Überarbeitung klar ist, was der jeweilige Abschnitt vermitteln soll.
Beginnen Sie mit der Erarbeitung des gesprochenen Textes und vermerken Sie die geplanten Abbildungen. Überlegen Sie folgend, was an den Abbildungen inhaltlich relevant ist, ob die Abbildungen bereits nur das Relevante vermittelt oder ob Sie die Visualisierungen vereinfachen können. Wenn Sie anschließend die wesentlichen Inhalte der Abbildungen in den Sprechtext integrieren, machen Sie an diesen Stellen eine AD überflüssig oder verringern deren Länge. Für alle relevanten Informationen, die nicht in den Sprechtext integriert wurden, werden dann Entwürfe für die AD geschrieben und im Team diskutiert.
Eine frühzeitige Erstellung der Entwürfe für die AD ist wichtig: Falls Sie die AD in Sprechpausen einfügen wollen, müssen Sie die Länge der dafür nötigen Pausen einplanen. Aber auch für die AD in einem separaten Video ist es sinnvoll, im Skript kurze Pausen zu vermerken, um der Lehrperson bei der späteren Integration nicht das Wort abzuschneiden. Sobald Sprechtext und Visualisierungen abgestimmt wurden, empfiehlt es sich Sätze nochmal zu kürzen bzw. zu vereinfachen. Dies erleichtert die spätere Untertitelung und macht diese lesefreundlicher. Das Storyboard hilft auch den Foliensatz im Anschluss zu gestalten.
Foliengestaltung: Visuelle Informationen
- Verwenden Sie einen Schriftgrad von mindestens 22 pt (bzw. 28 pt für Überschriften) oder höher und eine serifenlose Schrift (z. B. Arial, Calibri).
- Überfrachten Sie die Folien nicht oder teilen Sie die Informationen ggf. auf mehrere Folien auf.
- Achten Sie auf eine Farbgestaltung mit deutlichen Kontrasten. Prüfen Sie die Kontraste, z. B. mit dem Color Contrast Analyser.
- Erhöhen Sie die Zugänglichkeit, indem Sie Texte als Ergänzung oder anstelle einer Schmuckgrafik verwenden.
- Versuchen Sie komplexe Abbildungen auf das Wesentliche zu reduzieren oder die Inhalte auf sukzessive Grafiken zu verteilen.
- Informationen sollten nicht allein über Farbgestaltung vermittelt werden (z. B. grün = richtig, rot = falsch), sondern einen zweiten Unterscheidungsmarker beinhalten (z. B. grünes Häkchen = richtig, rotes Kreuz = falsch). In Abbildung 4 ist bspw. zu sehen, wie wir mit unterschiedlichen Smileys arbeiten.
- Sofern Sie Folien im Vollbild-Modus verwenden, lassen Sie Platz am unteren Rand, sodass später hinzugefügte UT keine Inhalte überdecken. Auch später eingefügte Gebärdensprachdolmetscher*innen benötigen Platz auf der Folie, meist am rechten Rand.
- Sofern Sie Folien im Vollbild-Modus zeigen, ist es zudem sinnvoll, Folien im Format 16:9 zu erstellen, damit das Folienformat mit dem Videoformat übereinstimmt.
- Wenn mehrere zusammengehörende Videos produziert werden, sollte auf eine einheitliche Gestaltung geachtet werden.
Im Folgenden zeigen wir Beispiele für die von uns im Projekt „DaLeLe4All“ gewählte Foliengestaltung:
Abbildung 4: Beispiel einer Folie zum Vergleich zweier statistischer Maße. Informationen sollten nicht allein über Farbgestaltung vermittelt werden, sondern einen zweiten Unterscheidungsmarker beinhalten.
Vortrag: Auditive Informationen
- Sprechen Sie langsam und deutlich und prüfen Sie die Audioqualität abschließend.
- Vermeiden Sie lange Sätze. Kurze Sätze sind auch für leicht lesbare UT notwendig (siehe 2.2.4 Untertitel).
- Was auf den Folien steht, sollte ebenfalls verbalisiert werden (siehe 1.3 Barrierefreiheit als Prozess, das Zwei-Sinne-Prinzip). Wenn bspw. eine Formel auf der Folie steht, lesen Sie diese vor. Wird eine Grafik verwendet, beschreiben Sie, was die Grafik zeigt. Ist nicht die gesamte Abbildung relevant, verbalisieren Sie nur die entscheidenden Informationen. So verringern Sie die Notwendigkeit oder die Komplexität späterer AD. Außerdem geben Sie allen hörenden Personen durch ihre Erläuterung mehr Zeit und gedankliche Anreize, sich mit dem Inhalt der Grafik auseinander zu setzen.
- Pausieren Sie vor neuen Themen. Pausieren Sie auch nach visuellen Bezugnahmen für die Einfügung von AD.
- Vermeiden Sie Redewendungen rund um das „Sehen“ und das „Hören“ (z. B. statt „wie Sie hier sehen“ eher „wie hier abgebildet ist“).
Erklären Sie Fremdwörter oder fremdsprachige Begriffe.
Tipps für die Praxis
- Strukturieren Sie die Inhalte klar, z. B. Begrüßung, Einleitung, Ziele der Vorlesung, Übersicht, Inhalt, Zusammenfassung, Dank.
- Verwenden Sie relevante Beispiele für alle Zielgruppen.
- Reflektieren Sie die Notwendigkeit von Bildern, Grafiken und Formeln auf den Folien und integrieren Sie die visuell dargestellten relevanten Informationen in den Sprechtext.
- Bereiten Sie für alle visuell dargestellten relevanten Informationen, die Sie nicht in den Sprechtext integrieren konnten, die AD vor (siehe 2.2.2 Audiodeskription).
- Planen Sie Korrekturdurchläufe für das Skript und die Folien ein: Achten Sie auf a) Verständlichkeit der Inhalte, b) Kontraste, c) ausgewogenes Maß an Text auf den Folien, d) Rechtschreibung und kurze Sätze und e) Einheitlichkeit.
- Eine vollständige Probeaufnahme im Vorfeld hilft die Länge und den Bildaufbau einzuschätzen, sich in der Aufnahme weniger zu versprechen und für die gesprochene Sprache unnatürliche Formulierungen rauszufiltern. Auch kann so die eigene Präsenz, notwendige Sprechpausen und das Sprechtempo kontrolliert werden. Diese Probeaufnahme kann selbstverständlich am eigenen Computer mit Webcam o. Ä. durchgeführt werden.
- Sofern Sie bei der Videoaufnahme einen Teleprompter nutzen bzw. ein digitales Sprechskript, bedarf es einer hierfür passenden Formatierung: Wählen Sie eine deutlich größere Schriftgröße und geben Sie dem Text eine übersichtliche Struktur durch Absätze. Vermerken Sie Pausen für die AD und bewusste Pausen im Rahmen des Sprachflusses oder zum Umschalten von Folien. Die eingeplanten Pausen ermöglichen nicht nur eine einfachere Nachbearbeitung, sondern sind auch als wichtiges didaktisches Stilmittel zu sehen.