Generationenübergreifendes bürgerschaftliches Engagement

Überall im Land lassen sich von Bürgerinnen und Bürgern getragene Initiativen, Projekte und Prozesse beobachten, die Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit im Lokalen suchen und finden. Die Akteurinnen und Akteure orientieren sich bei ihrem lokalen Engagement auf solidarisches Handeln und ein gutes Miteinander. Ihr Engagement trägt so zur Steigerung der Lebensqualität in Quartieren, Kleinstädten und Dörfern bei und ist durch einen inklusiven Ansatz für alle Generationen wichtig. Bisher wurde jedoch – wissenschaftlich – wenig beachtet, wie Generationen hier nicht nur ins Gespräch kommen, sondern auch gemeinsam in Aktion treten oder welche Themen für mehr als eine Generation handlungsrelevant sind.

Welcher institutionellen und infrastrukturellen Bedingungen bedarf es, um Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, neue intergenerationale Wege zu gehen, um vor Ort einerseits diesen Krisen-Entwicklungen entgegenzuwirken und andererseits gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stiften? Wie können generationsübergreifend Akteurskonstellationen entstehen, die Zukunftsthemen angehen?

Diese Forschungslücke wird mit zwei explorativen Kurzprojekten erstmals tiefer ausgeleuchtet.

  1. „Generationenübergreifendes bürgerschaftliches Engagement für Zukunftsthemen in Kommunen – Potentiale der verschiedenen Altersgruppen im Blick“ (GenBE)
  2. Mittels fünf exemplarischer Fallbeispiele und fünf Expertengesprächen werden Erscheinungsformen und Akteurskonstellationen, (Zukunfts-)Themen und intergenerationaler Zusammenhang erforscht. Die Studie und das Diskussionspapier sind für Population Europe erstellt und durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert worden.
    Generationenübergreifendes Engagement findet in den unterschiedlichsten Kontexten statt: Eher „ungeplant“ und beiläufig in Vereinen, freien Gruppen oder lokalen Initiativen; gezielt initiiert in Begegnungsstätten, Mehrgenerationen- oder Multifunktionshäusern. In der Mehrheit der Aktivitäten stehen Begegnung und Freizeitgestaltung im Vordergrund, initiierte intergenerative Projekte richten sich überwiegend an den Kommunikations- und Unterstützungsbedarfen der älteren Generation aus. An Lösungen für Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Stadtentwicklung und Demokratie arbeiten hingegen eher intergenerative Netzwerke aus lokalen Akteurskonstellationen.
    Intergeneratives Miteinander ist insofern ein Erfolg beziehungsweise hat Zukunftspotenzial, wenn die Interessen und Bedarfe verschiedener Generationen gleichberechtigt verfolgt werden. Dazu gehört insbesondere, dass die Wünsche der jüngeren Generation nach Gestaltung, Ausprobieren und Selbsterfahrung berücksichtigt werden.

  1. „Generationen – Solidarität – Raum“ (GenSoR)
  2. Die Ergebnisse dieses Berichts „Generationen – Solidarität – Raum“ beruhen auf den studentischen Arbeiten des Mastermoduls „Raus aufs Land“ an der Universität Göttingen, das durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert worden ist. Im Sommersemester 2023 haben 23 Studentinnen und Studenten Experteninterviews, Zukunftsgespräche und Gruppendiskussionen zu Generationenbeziehungen, Engagement zu Zukunftsfragen und intergenerationellen Unterstützungspotentialen geführt.
    Die verschiedenen Generationen betrachten sich überwiegend wohlwollend, von einem Krieg der Generationen ist (noch) nichts zu spüren. Das Bewusstsein für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Demografie und Klimawandel teilen alle Befragten, jedoch sind sie sich nicht einig, wie diesen Multikrisen zu begegnen ist. Die befragten Seniorinnen und Senioren fühlen sich für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen nicht mehr recht zuständig. Zudem befürchten einige, dass die aktuelle Klimapolitik ihren Lebens-standard gefährden könnte. Die jüngere Generation nimmt deutlichen Handlungsdruck wahr und will schneller zu einer gerechteren und klimafreundlichen Politik kommen, sieht sich aber oft durch ältere Vereinsmitglieder und die Politik ausgebremst.
    Generationenübergreifende Zusammenarbeit wird auf kommunaler Ebene vor allem als begegnendes Miteinander oder Füreinander (vor allem für Seniorinnen und Senioren) verstanden. Vereine, Verbände und Kirchen werden als wichtigste Orte für generationsübergreifende Begegnungen in Stadt und Land genannt. Orte der Begegnung werden überall vermisst. Die vorgestellten Fallbeispiele zeigen jedoch, dass eine Zusammenarbeit zwischen und für Generationen funktionieren kann. Allerdings braucht es für dieses politische und ehrenamtliche Engagement ein klares Bekenntnis zur „Enkeltauglichkeit“ und Nachhaltigkeit sowie zum Miteinander, eine Strategie und das Wissen, wie Beteiligung funktioniert.