Foto: J.J. Soto-Angel
Die gallertartigen Ursprünge des Gehirns
Die Entstehung der ersten Gehirne war entscheidend für die Evolution der Tiere, denn sie ermöglichten es, Umweltreize schnell zu verarbeiten und entsprechend auf Bedrohungen oder beispielsweise Jagdmöglichkeiten zu reagieren. Der evolutionäre Ursprung von Gehirnen bleibt jedoch rätselhaft. Es wird vermutet, dass Ctenophoren (Rippenquallen)als einer der ersten Tierstämme ein elementares Gehirn entwickelten. Sie verfügen über ein einzigartiges neuronales Integrationszentrum – das aborale Organ – das bei jungen Tieren etwa 80 Nervenzellen enthält. Mit seiner Hilfe werden komplexe Verhaltensweisen gesteuert. Das aborale Organ der Ctenophoren hat sich vermutlich unabhängig von den zentralisierten Nervensystemen der Bilateralen entwickelt und weist mit hoher Wahrscheinlichkeit biophysikalische und molekulare Mechanismen auf, die für die ersten Nervensysteme charakteristisch sind.
Mnemiopsis leidy (Meerwalnuss), eine Unterart der Rippenquallen, dient in diesem Projekt als Beispielorganismus. Die interdisziplinären Forschungsansätze fußen auf jüngsten Durchbrüchen in der Biologie von Organismen, auf molekularen Neurowissenschaften, Konnektomik, Inferenz neuronaler Schaltkreise sowie Neurotechnologie. Auf dieser Basis wird ein computergestütztes Bild des neuronalen Netzwerks der Meerwalnuss erstellt, das gleichzeitig mit ihrem Verhalten abgeglichen wird. Die Theoriemodelle werden mithilfe von hochauflösenden Bildern des gesamten Gehirns überprüft. Zusätzlich werden detaillierte Videoaufnahmen von freilebenden Rippenquallen herangezogen, um datengestützte quantitative 3D-Modelle der Haltungs- und Bewegungsdynamik der Tiere bei Jagd, Vortrieb und Steuerung zu erarbeiten. Der theoretische Teil des Projekts liegt beim CIDBN, der experimentelle am Michael Sars Centre for Marine Biology an der Universität Bergen, Norwegen.
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