Steuern und Altersvorsorge


Neue Studie: Überhöhte Steuerabzüge verringern die private Altersvorsorge deutlich



Millionen Steuerzahler erhalten jedes Jahr hohe Rückerstattungen. Doch wie beeinflusst dieser übermäßige Steuerabzug das Altersvorsorgeverhalten? Und was passiert, wenn die Steuererklärung eine zusätzliche Möglichkeit bietet, in die Altersvorsorge zu investieren?



Eine neue Studie von Dr. Michael Milde (Professur für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre), Prof. Dr. Kay Blaufus und Marcel Schaefer (beide Leibniz Universität Hannover) zeigt: Überhöhte Steuerabzüge verringern die private Altersvorsorge deutlich. Der Grund ist ein psychologischer Ankereffekt: Viele Menschen orientieren sich beim Sparen am monatlichen Nettoeinkommen und berücksichtigen Steuererstattungen am Jahresende zu wenig.



Ein kleiner Eingriff kann jedoch viel bewirken: Wird in der Steuererklärung eine zusätzliche Sparmöglichkeit eingeräumt - wie sie etwa in den USA, aber nicht in Deutschland existiert - steigen die Ersparnisse signifikant, insbesondere wenn die Option gut sichtbar und einfach nutzbar ist. Auch das Steuerdesign spielt eine Rolle: Sofortbesteuerte Vorsorgeprodukte - etwa Roth-IRAs - führen im Schnitt zu höheren realen Ersparnissen als Modelle mit nachgelagerter Besteuerung.



Die Ergebnisse basieren auf drei umfangreichen experimentellen Studien mit über 1.600 Teilnehmenden und liefern robuste Evidenz für das Zusammenspiel steuerlicher Rahmenbedingungen und verhaltensökonomischer Effekte. Die zentrale Erkenntnis: Steuerliche Strukturen beeinflussen das Vorsorgeverhalten nicht nur über ökonomische Anreize, sondern auch durch psychologische Mechanismen wie Anchoring und Nudging. Schon vermeintlich technische Details - etwa der Zeitpunkt des Steuerabzugs oder die Gestaltung von Formularen - können entscheidend sein.



Die Studie ist im renommierten Journal "Contemporary Accounting Research" erschienen:


Kay Blaufus, Michael Milde, Marcel Schaefer: "The effects of overwithholding and retroactive savings options on retirement savings: An experimental analysis"; https://doi.org/10.1111/1911-3846.13053









Porträtfoto von Michael Milde


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Dr. Michael Milde

Professur für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre (Vertretung)


Tel. 0551 39-27308
michael.milde@uni-goettingen.de