Beschreibe kurz deinen Werdegang: Wie bist du ans Skandinavische Seminar gekommen?
Ich bin seit 2024 Professorin für Neuere Nordeuropäische Literatur- und Kulturwissenschaft in Göttingen und Direktorin des Skandinavischen Seminars. Ich kam aus Aarhus in Dänemark nach Göttingen, wo ich fünf Jahre lang eine Stelle als Professorin für Nordische Literatur, Medien und Kultur hatte. Davor war ich drei Jahre lang in Oslo als Postdoc im Forschungsprojekt „Scandinavian Narratives of Guilt and Privilege“ angestellt und habe während dieser Zeit zusätzlich an der Universität Bergen unterrichtet. Promoviert habe ich 2010 am Nordeuropa-Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin, wo ich auch einige Jahre lang als Wissenschaftliche Mitarbeiterin beschäftigt war. In Berlin habe ich auch mein Studium der Skandinavistik und Kunstgeschichte abgeschlossen, das ich in Tübingen angefangen habe und mich zwischendrin nach Stockholm geführt hat.
Ich sage aber gern, dass ich eigentlich schon immer Skandinavistin war: Meine Großmutter war Schwedin, ist aber in Norwegen aufgewachsen, wo sie meinen deutschen Großvater kennenlernte, der dort als Teil der Besatzungsmacht stationiert war. Das skandinavische Erbe meiner Familie wird sehr gepflegt. Also sind die Sprachen, Literaturen und Kulturen der Region schon immer Teil meines Lebens, aber auch Begegnungen und die gegenseitige Vermittlung über nationale und regionale Grenzen hinaus. Schon in der Schule fand ich Sprachen, Bücher und Bilder großartig, lernte Schwedisch und war sehr neugierig und wissbegierig. So hat eins zum anderen geführt und ich bin in der Skandinavistik, in der Wissenschaft und am wunderbaren Göttinger Seminar gelandet.
Was sind Schwerpunkte deiner Arbeit, was interessiert dich besonders?
Ich liebe an der Skandinavistik, dass es kaum Grenzen dafür gibt, womit wir uns beschäftigen können. Nicht einmal die geografischen Grenzen der Region liegen fest, und auch die fachlichen Grenzen – Inhalte, Disziplinen, Methoden, Theorien – sind lockerer definiert als anderswo. Ohnehin lote ich Grenzen gern aus und fordere sie heraus. Daher interessiere ich mich für die ganze dynamische Region, vor allem auch für weniger repräsentierte Gegenden und gesellschaftliche Gruppen, und auch für Verbindungen mit dem Rest der Welt. Ich interessiere mich für Mehrsprachigkeit, kulturelle Vielfalt, alle Formen der Kunst und offenkundige bis obskure kulturelle Phänomene.
Promoviert habe ich mit einer Arbeit über badende Männer in skandinavischer Fotografie und Kunst am Anfang des 20. Jahrhunderts; hier haben mich besonders die Kulturgeschichte von Körper, Nacktheit und Sexualität sowie Gender-, Queer- und Medientheorien interessiert. Seither liegt ein Schwerpunkt auf Kolonialismus und Dekolonisierung: Ich forsche zur Kolonialgeschichte der skandinavischen Länder und kolonialem Erbe sowohl im Nordatlantik (Grönland, Färöer und die Beziehung zu Dänemark), im „tropischen Atlantik“ (Karibik und Afrika) als auch in Sápmi. Zurzeit interessiere ich mich für Flaggen und Karten als Ausdrucksmöglichkeit von Herrschaft und Zugehörigkeit, aber auch von Widerstand und Selbstbestimmung.
Außer den Inhalten interessiert mich besonders auch die Frage nach Formen der Zusammenarbeit: Wie können wir das Skandinavische Seminar – Lehre, Veranstaltungen, Kooperationen – so gestalten, dass alle sich entfalten und respektvoll begegnen können, dass wir individuelles und gemeinschaftliches Lernen bestmöglich fördern und dabei eine Menge Freude haben?
Was machst du am liebsten, wenn du nicht arbeitest?
Bei mir gehen Arbeit und Freizeit oft ineinander über, was manchmal schlecht ist, meistens aber wunderbar. Ich liebe Theater, Kino und Kunst und werde nie müde zu lesen, vor allem Romane. Ich liebe Reisen, was mein Beruf zum Glück auch mit sich bringt. Ich lerne sehr gern Menschen und ihre Geschichten kennen. Außerdem mache ich gern Yoga, koche und esse gern und bade gern in Flüssen, Seen und im Meer.
Detaillierter Lebenslauf
Publikationen
Vergangene Lehrveranstaltungen (Auswahl)