Presseinformation: Von der Vorgeschichte des Menschen bis zur Deutschen Wiedervereinigung

Nr. 11/2009 - 27.01.2009

Studie: Welche Geschichtszahlen sollten Schülerinnen und Schüler verbindlich lernen?

(pug) Wann entdeckte Kolumbus Amerika? Prof. Dr. Michael Sauer, Geschichtsdidaktiker an der Universität Göttingen, hat mehr als 90 Lehrkräfte an 13 niedersächsischen Gymnasien danach befragt, welche Geschichtszahlen Schüler am Ende der 10. Klasse beherrschen sollten: Aus vorgegebenen 248 Daten – von der Vorgeschichte des Menschen bis zur Welt nach 1945 – haben die Lehrer im Durchschnitt 104 Angaben ausgewählt. „Ein erstaunlich hoher Wert“, so Prof. Sauer. „Die breite Spanne von 40 bis zu 150 Zahlen ist ein Zeichen dafür, dass die Vorstellungen über einen Datenkanon weit auseinander gehen.“ Seine Befragung hat Prof. Sauer in der Zeitschrift „Geschichte in Wissenschaft und Unterricht“ vorgestellt.

Im „Ranking“ der meistgenannten Geschichtszahlen sind kaum Daten aus dem Beginn der Menschheitsgeschichte, aus der griechischen und der römischen Antike oder dem Mittelalter vertreten. Dies ändert sich erst mit der Frühen Neuzeit und dem Zeitalter des Absolutismus. In der Zeitspanne von der Französischen Revolution bis zum Ersten Weltkrieg dominieren die politischen Eckdaten, etwa Revolutions- oder Kriegsbeginn. Im Vergleich der Epochen deutlich an erster Stelle liegt die Zeit der beiden Weltkriege. Für die Jahre 1933 bis 1945 sind vor allem die Orientierungszahlen zur NS-Herrschaft und zum Zweiten Weltkrieg von besonderer Bedeutung. Nach 1945 erhalten die beiden Daten zur deutschen Wiedervereinigung außerordentliche hohe Zustimmungswerte.

„Insgesamt lässt sich ein gewisser Trend zu allgemeineren Daten anstelle von Detailzahlen erkennen, der natürlich auch der Notwendigkeit zur Konzentration im Unterricht geschuldet ist“, so Prof. Sauer. So erscheint es wichtiger, allgemein die Ausdehnung der römischen Herrschaft zu kennen als die Einzelangaben zu den Punischen Kriegen. Der Didaktiker unterscheidet hier zwischen „Lernzahlen“ mit allgemeiner Orientierungsfunktion und „Arbeitszahlen“, die bei der Behandlung einer Epoche aktiviert werden. Bevorzugt wird dabei die traditionelle Epocheneinteilung der europäischen Geschichtswissenschaft. Weniger berücksichtigt werden Daten, die elementare Veränderungen der menschlichen Lebensverhältnisse markieren, etwa die industrielle Revolution. Ein übergeordneter Überblick über die Geschichte der Menschheit kommt damit eher zu kurz.

Michael Sauer: Geschichtszahlen – was sollen Schülerinnen und Schüler verbindlich lernen? Ergebnisse einer Lehrerbefragung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 11/08, S. 612 - 630

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Michael Sauer, Seminar für Mittlere und Neuere Geschichte, Telefon (0551) 39-13388
e-mail: msauer1@uni-goettingen.de, Internet: www.uni-goettingen.de/de/46297.html