Presseinformation: Ultraleichte Spanplatten aus Holz von Buchen und Küstentannen

Nr. 187/2009 - 08.10.2009

Tannenart an Sommertrockenheit angepasst – Schnelles Wachstum und gute Holzqualität

(pug) Der prognostizierte Klimawandel führt in vielen Forstbetrieben zu einer Umstrukturierung in heimischen Buchen- und Mischwäldern. In einem Verbundprojekt unter Leitung der Göttinger Forstwissenschaftlerin Prof. Dr. Andrea Polle haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die nordamerikanische Küstentanne zu den Baumarten zählt, die für die Beimischung in Buchenwälder gut geeignet sind. Die Nadelbaumart kommt gut mit einem wärmeren Klima zurecht; weitere Vorteile sind schnelles Wachstum und gute Holzqualität. Die Wissenschaftler entwickelten und erprobten darüber hinaus neue Produkte aus Buchen- und Küstentannenholz wie Dämmstoffe, Holzwerkstoffe und Vollholzprodukte. Außerdem entwickelten sie Methoden für die Produktion und Produktkontrolle.

Bereits eine moderate Erhöhung der durchschnittlichen Temperaturen kann den derzeitigen heimischen Baumbestand – überwiegend Fichten- und Buchenwälder – gefährden und zu Engpässen bei der Rohstofflieferung an die Holzindustrie führen. Deshalb gingen die Wissenschaftler im Forschungsverbund „Verwertungsorientierte Untersuchungen an Buche und Küstentanne aus nachhaltig bewirtschafteten Mischbeständen zur Herstellung innovativer zukunftsfähiger Holzprodukte und Holzwerkstoffe“ zum einen der Frage nach, ob und wie die Küstentanne ökologisch verträglich und strategisch sinnvoll in naturnahe Buchenbestände beigemischt werden kann. Einige Sorten der Küstentanne, so ein Ergebnis der Forschung in den vergangenen vier Jahren, sind an ein Klima mit ausgeprägter Sommertrockenheit gut angepasst. Sie sind gut zu pflegen und leicht in die heimische Fauna und Flora zu integrieren.

Zudem wächst die Küstentanne fast doppelt so schnell wie die Fichte und liefert Holzvorräte von mehr als 500 Kubikmetern je Hektar Anbaufläche. Ihr Holz kann vor allem für die Span- und Faserplattenherstellung eingesetzt werden. Für die Beimischung der Küstentanne in Buchenwälder spricht auch, dass sich junge Buchen im Schutz der amerikanischen Tannenart sehr gut entwickeln. Die Wissenschaftler erarbeiteten deshalb eine Managementstrategie für Buchen-Küstentannen-Mischbestände. Als wichtiges Prognose- und Entscheidungsinstrument für Forstbetriebe haben sie den Waldwachstumssimulator BWINPro für die Küstentanne im Rein- und Mischbestand erweitert. Mit dem Computerprogramm kann auf der Basis statistischer Wachstumsmodelle die zukünftige Entwicklung des Waldbestandes prognostiziert werden.

Der zweite Schwerpunkt des Forschungsvorhabens lag auf der Entwicklung und Erprobung innovativer und zukunftsfähiger Holzprodukte aus Buche und Küstentanne. Es wurden Vollholzprodukte, Holzwerkstoffe und Dämmstoffe aus den beiden Holzarten hergestellt sowie neue, für die Holzverarbeitung benötigte Additive getestet. Hierzu zählen sowohl konventionelle als auch naturnahe Bindemittel wie die Kartoffelpülpe. Diese fällt als Nebenprodukt bei der industriellen Herstellung von Kartoffelstärke an und hat gegenüber herkömmlichen Klebstoffen Vorteile als nachwachsender Rohstoff ohne gesundheitsgefährdende Emmissionen. Im Pilotmaßstab stellten die Wissenschaftler vor allem Küstentannen-Schnittholz, OSB-Platten aus dünnem Buchenholz, leichte Span- und Faserplatten aus Küstentanne sowie „Zwitterplatten“ aus beiden Holzarten und emissionsarme Dämmstoffe her. Anschließend testeten sie Dauerhaftigkeit und Stabilität dieser neuen Produkte. „Ihre Qualität ist hoch und es zeigen sich keine Nachteile gegenüber dem derzeit verwendeten Fichtenholz. Die von uns hergestellten Platten sind sehr viel leichter als herkömmliche Produkte und damit handlicher für den Endverbraucher“, fasst Projektleiterin Prof. Polle zusammen.

Zusätzlich entwickelten die Verbundpartner neue Methoden für die Produktion, insbesondere die Mikrowellentrocknung, und zur Überprüfung der Produkteigenschaften, hier insbesondere die spektroskopische Erfassung verschiedener Produktparameter. In einem weiteren Schritt wurden die im Labor- und Pilotmaßstab entwickelten Produkte und Methoden in einem Partnerunternehmen der Holzindustrie überprüft und erfolgreich in dessen Produktionsprozess integriert. Nun sei es Aufgabe der Forstbetriebe, Küstentannen in deutschen Wäldern anzubauen, um in Zukunft diesen Rohstoff bereitstellen zu können, so die Aufforderung aus der Holzindustrie.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat den Forschungsverbund „Buche-Küstentanne“ von August 2005 bis Ende Juli 2009 im Rahmen des Förderschwerpunktes „Nachhaltige Waldwirtschaft“ gefördert. Von der Universität Göttingen waren daran Forstwissenschaftler der Abteilung Forstbotanik und Baumphysiologie, der Abteilung Molekulare Holzbiotechnologie und Technische Mykologie, der Arbeitsgruppe Chemie und Verfahrenstechnik von Verbundwerkstoffen sowie der Abteilung Holzbiologie und Holzprodukte beteiligt. Weitere Verbundpartner waren die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt und die Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Göttingen sowie das Wilhelm-Klauditz-Institut in Braunschweig. Die Arbeiten wurden in Kooperation mit acht Partnerunternehmen der Holzindustrie durchgeführt.

Hinweis an die Redaktionen:
Bildmaterial steht im Internet unter www.uni-goettingen.de/de/124656.html zum Download bereit.

Kontaktadresse:
Dr. Peter Hawighorst (Koordinator)
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
Büsgen-Institut, Abteilung Forstbotanik und Baumphysiologie
Büsgenweg 2, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-14616, Fax (0551) 39-22705
E-Mail: phawigh@gwdg.de
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