Presseinformation: Studie: Gen-Baumwolle verbessert Lebenssituation indischer Landarbeiterinnen

Nr. 122/2010 - 07.06.2010

Forscher der Universität Göttingen belegen positive Auswirkungen des Anbaus von Genpflanzen

(pug) In einer umfassenden Studie hat der Göttinger Agrarökonom Prof. Dr. Matin Qaim mit seinem Team die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte von Gentechnik in Entwicklungsländern untersucht. Die Wissenschaftler der Universität Göttingen haben dabei unter anderem erforscht, welche Effekte der Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle (sogenannter Bt-Baumwolle) in Indien auf die Beschäftigung im dortigen ländlichen Raum hat. Die genveränderten Baumwollpflanzen produzieren eine für Insekten giftige Substanz, dadurch müssen weniger Pestizide eingesetzt werden. In einem aufwändigen Modellansatz haben die Forscher untersucht, welche direkten und indirekten Effekte sich durch den Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle für die indische Landbevölkerung ergeben. Ihr Fazit: Bt-Baumwolle hat deutlich positive Auswirkungen auf die Beschäftigung. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden kürzlich in der renommierten Zeitschrift Nature Biotechnology veröffentlicht.

Im vergangenen Jahr wuchsen auf etwa zehn Prozent der globalen Ackerfläche gentechnisch veränderte Pflanzen wie Mais, Soja oder Baumwolle. Die sozialen Konsequenzen dieser Entwicklung sind umstritten. Da die meisten genmanipulierten Sorten von multinationalen Konzernen entwickelt wurden, befürchten Kritiker die Ausbeutung und eine zunehmende Abhängigkeit der Bauern von den Anbietern des Saatguts. Außerdem könnte die Gentechnik Arbeitsplätze in den Entwicklungsländern vernichten, wo insbesondere die arme Bevölkerung stark von der Landwirtschaft abhängig ist. Diese befürchteten negativen Auswirkungen werden von der Studie jedoch nicht untermauert. Im Gegenteil: Die Forscher beobachteten weitgehend positive Effekte des Genpflanzenanbaus.

Aufgrund hoher Arbeitslosigkeit ist Handarbeit in Indien sehr billig, so dass Arbeitsgänge im Baumwollanbau fast komplett von Hand erledigt werden. Selbst kleinbäuerliche Betriebe heuern für Erntearbeiten Tagelöhner an. Für die arme landlose Bevölkerung Indiens spielt die Beschäftigung im Baumwollanbau deshalb eine wichtige Rolle. Sie profitiert daher auch besonders vom Anbau der Bt-Baumwolle. Wie die Forscher herausfanden, erhöht Bt-Baumwolle im Vergleich zu konventionellen Sorten durch ihren deutlich höheren Ertrag die Beschäftigung im Schnitt um 42 Prozent. Eine weitere Aufsplittung der Daten nach Männern und Frauen zeigt, dass bei den weiblichen Tagelöhnern die Beschäftigung sogar um 55 Prozent steigt, da sie den Großteil der Erntearbeiten erledigen. Umgerechnet auf die gesamte Bt-Baumwollfläche Indiens bedeutet dies ein jährliches Zusatzeinkommen von 400 Millionen US-Dollar für arme Landarbeiterinnen, die hierdurch nicht nur die eigene Situation, sondern auch die ihrer Kinder und Familien verbessern können. Prof. Qaim betont jedoch: „Diese Ergebnisse können nicht ohne weiteres auf alle Anwendungen der Gentechnik übertragen werden, weil es immer auf die jeweiligen Rahmenbedingungen ankommt. Dennoch können unsere wissenschaftlichen Erkenntnisse helfen, in der oft emotional geführten Debatte um die Gentechnik pauschale Ängste abzubauen.“

Neben den positiven Auswirkungen auf die Beschäftigungszahlen der Landbevölkerung fanden die Göttinger Wissenschaftler weitere Vorteile des Genpflanzenanbaus in Indien und anderen Entwicklungsländern. Durch den Anbau von Pflanzen mit eingebauter Insektenresistenz hat sich in vielen Ländern der Einsatz von Pestiziden zur Schädlingsbekämpfung halbiert, die Ernteerträge der Kleinbauern haben sich erheblich gesteigert. Ebenso stellten die Forscher steigende Einkommen und sinkende Armutsraten fest. Diese breiteren internationalen Ergebnisse wurden bereits 2009 im angesehenen Annual Review of Resource Economics veröffentlicht.


Kontaktadresse:
Prof. Dr. Matin Qaim
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Agrarwissenschaften – Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung
Platz der Göttinger Sieben 5, 37073 Göttingen
Telefon (0551) 39-4806, Fax (0551) 39-4823
E-Mail: mqaim@uni-goettingen.de
Internet: www.uni-goettingen.de/de/73908.html