Richtiger Schritt in die Autonomie

16.05.2013

Universität Göttingen feiert zehn Jahre Stiftungsuniversität

Mit rund 250 geladenen Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur hat die Universität Göttingen in der Aula am Wilhelmsplatz ihr zehnjähriges Bestehen als Stiftungsuniversität gefeiert. Zum 1. Januar 2003 war die Hochschule als erste Volluniversität Deutschlands in die Trägerschaft einer Stiftung öffentlichen Rechts überführt worden. Den Festvortrag zum Thema „Autonomy, governance, and financing in the university system“ hielt Prof. Dr. Don M. Randel, ehemaliger Präsident der Universität Chicago und der Andrew W. Mellon Foundation.

„Der Schritt in die Autonomie war richtig“, betonte Universitätspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Beisiegel in ihrer Begrüßung. Sie sei ja von außen in die Universität Göttingen gekommen und habe daher den nötigen Abstand mitgebracht, erklärte sie. „Nach zwei Jahren im Amt kann ich aber sagen, dass das Stiftungsmodell bei der Leitung einer national und international konkurrenzfähigen Universität sehr hilft.“ Die Autonomie sei direkt gekoppelt an Verantwortung, so die Präsidentin. „Die Universitätsleitung und die Fakultäten nehmen dies sehr ernst.“

Der Sprecher des Vorstands der Universitätsmedizin Göttingen (UMG), Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, sprach von einer „maximalen operativen Selbstständigkeit“ der UMG innerhalb des Göttinger Stiftungsmodells. Nur deshalb sei die Göttinger Universitätsmedizin eine der wenigen Einrichtungen in Deutschland, die schwarze Zahlen schrieben. Sein Fazit: „Der niedersächsischen Landesregierung mit dem Wissenschaftsminister Thomas Oppermann ist es damals gelungen, ein Gesetz zu schaffen, das sich aus Sicht der UMG in jeder Hinsicht bewährt hat.“

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil erinnerte sich in seiner Ansprache daran, wie er sich vor 35 Jahren im Aulagebäude für sein Jurastudium eingeschrieben hatte. Die Einführung des Stiftungsmodells vor zehn Jahren sei eine „Zäsur“ gewesen, sagte er. Eine Revolution habe jedoch nicht stattgefunden, lediglich eine Erweiterung des Instrumentenkoffers und der Wahlmöglichkeiten für Hochschulen. Weil sicherte dem Hochschulstandort Göttingen auch weiterhin jegliche Unterstützung zu: Auch der neuen Landesregierung sei sehr wohl bewusst, was sie an der Stiftungsuniversität Göttingen habe.

Festredner Prof. Dr. Don M. Randel warf in seinem Vortrag mit dem Titel „Paying for Higher Education and Research“ einen kritischen Blick auf das US-amerikanische Hochschulsystem. Harvard, Yale, Princeton und Stanford seien die einzigen wohlhabenden Universitäten in den USA, erklärte er. Alle anderen Hochschulen seien auf Studiengebühren angewiesen, insbesondere in den vergangenen Jahren, in denen Kosten gestiegen seien und die amerikanischen Bundesstaaten ihre Förderung zurückgeschraubt hätten. „Ich gratuliere der Universität Göttingen und dem Land Niedersachsen zu ihrer Partnerschaft und wage zu hoffen, dass einige amerikanische Universitäten und Bundesstaaten von ihrem Beispiel profitieren können“, sagte Randel.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Stiftungsuniversität Göttingen waren Thema des abschließenden Podiumsgesprächs unter der Leitung des Göttinger Stiftungsratsvorsitzenden Dr. Wilhelm Krull. Dieser erinnerte an die politischen Debatten im Vorfeld der Stiftungsgründung und das Konzept der „rückgekoppelten Autonomie“ des damaligen Universitätspräsidenten Prof. Dr. Horst Kern. „Wir wollten eine bessere Balance“, erläuterte Kern. „Die Entscheidungen sollten dort gefällt werden, wo auch die entsprechende Kompetenz und Verantwortung liegt, und unter der Bedingung, dass sie immer rückgebunden sind an das Interesse des Ganzen.“

Diese Balance müsse ständig neu austariert werden, forderte der Hildesheimer Universitätspräsident Prof. Dr. Wolfgang-Uwe Friedrich. Die ersten Jahre der niedersächsischen Stiftungshochschulen seien durch die Sparmaßnahmen der damaligen Landesregierung und die Einführung der Studienbeiträge belastet gewesen. Die Universität Hildesheim habe aber durch das eigene Berufungsrecht einen „enormen Sprung gemacht“ und eine bessere Handlungsfähigkeit erhalten.

Aus Sicht der Niedersächsischen Ministerin für Wissenschaft und Kultur, Dr. Gabriele Heinen-Kljajić, hat sich das niedersächsische Modell „unbedingt bewährt“. Dass der Staat sich nicht aus der Finanzierungsverantwortung zurückgezogen habe, sei Teil des Erfolges, erklärte sie. In den kommenden Jahren wolle man die Zielvereinbarungen mit den niedersächsischen Hochschulen überprüfen und die Entwicklung der Stiftungshochschulen evaluieren. Für die Zukunft forderte sie außerdem eine stärkere gesellschaftliche Vernetzung der Stiftungshochschulen.

Prof. Dr. Michaele Schreyer, Mitglied des Stiftungsrates der Universität Göttingen, lobte Göttinger Einrichtungen wie die Free Floater-Nachwuchsgruppen, Courant Forschungszentren und das Lichtenberg-Kolleg als Best-practice-Beispiele für die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre.

Weitere Informationen und Bilder zum Festakt sind unter www.uni-goettingen.de/de/433758.html zu finden.