Presseinformation: Ursprung der Körperasymmetrie enträtselt

Nr. 38/2016 - 25.02.2016


Evolutionsbiologen mit Göttinger Beteiligung finden Gen für die Drehung des Schneckengehäuses


(pug) Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Universität Göttingen hat ein Gen in Schnecken entdeckt, das festlegt, ob sich das Gehäuse im oder gegen den Uhrzeigersinn dreht. Dieser Befund könnte Hinweise darauf geben, wie das gleiche Gen die Körperasymmetrie unter anderem auch beim Menschen beeinflusst. Außerdem zeigt die Entdeckung, warum einige der wichtigsten inneren Organe umgekehrt oder gespiegelt vorkommen, wenn etwas in der Entwicklung „schief“ geht. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Current Biology erschienen.

Das identifizierte Gen codiert ein Protein mit dem Namen Formin, das an der Herstellung des Zellgerüsts der Schnecke beteiligt ist. Das Forscherteam konnte durch medikamentöse Behandlung des Formins normale, im Uhrzeigersinn drehende, Schnecken in spiegelbildliche, gegen den Uhrzeigersinn drehende, Embryonen konvertieren. „Entgegen unserer Erwartungen ist schon im frühen Zwei-Zell-Stadium eines Embryos Asymmetrie vorhanden“, sagt Prof. Dr. Daniel Jackson von der Universität Göttingen. „Durch die Visualisierung der Asymmetrie-Aktivität des Formin-Gens in diesen jungen Embryonen haben wir überwältigende Belege über die Rolle des Formins in evolutionären alten Prozessen.“

Ein Fehler im Formin bedeutet, dass die Schnecke ein Spiegelbild ihrer rechtsdrehenden Artgenossen ist. „Während Tiere dazu neigen, nach außen hin symmetrisch zu erscheinen, sind sie im Inneren fast alle asymmetrisch. Es ist noch nicht klar, ob Asymmetrie ein altes Merkmal ist oder etwas, das sich mehrmals im Laufe der Evolution entwickelt hat“, so Dr. Angus Davison, Leiter der Studie von der Universität Nottingham. „Durch die Identifizierung des Proteins, das Asymmetrie sowohl in Schnecken als auch in Fröschen kontrolliert, konnten wir zeigen, dass Körperasymmetrie in den meisten Tieren wahrscheinlich von einer hochkonservierten, intrinsischen Asymmetrie der Zellen im frühen Embryostadium hervorgeht – auch beim Menschen. Diese Forschung hilft, das Verständnis von Asymmetrie in Tieren zu vereinheitlichen.“

Mithilfe der Genomsequenzierung entdeckte das Team die Mutation im Formin, die zu einem spiegelbildlich gedrehten Gehäuse führt. „Wir waren in der Lage eine innovative DNA-Sequenzierung und Computeranalysen zu nutzen, um das Genom der Spitzschlammschnecke schnell zu sequenzieren. Eine winzige Veränderung im Gen – ein Buchstabe von einer Milliarde aus dem Schnecken-Genom – bewirkt den Wechsel von rechts- zu linksdrehenden Schneckenhäusern“, sagt Prof. Dr. Mark Blaxter von der Universität Edinburgh.

Originalveröffentlichung: Angus Davison et al. Formin is associated with left-right asymmetry in the pond snail and the frog. Current Biology. Doi: 10.1016/j.cub.2015.12.071

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Daniel Jackson
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Geowissenschaften und Geographie
Abteilung Geobiologie – Courant Forschungszentrum Geobiologie
Goldschmidtstraße 3, 37077 Göttingen
Telefon (0551) 39-14177, E-Mail: djackso@gwdg.de
Internet: www.geobiologie.uni-goettingen.de