In publica commoda

Presseinformation: Venture Capital für das Handwerk?

Nr. 112/2000 - 06.07.2000

Forschungsergebnisse des Seminars für Handwerkswesen

Neue Veröffentlichung:
Lux, Marc-Oliver: Das Beteiligungskapital im Spektrum der Gründungsfinanzierung im Handwerk
Göttinger Handwerkswirtschaftliche Studien, Band 62, 267 Seiten,
Duderstadt 2000, 51,- DM, ISBN 3-932 752-56-2
Kurzfassung:
Lux, Marc-Oliver,
Müller, Klaus: Beteiligungskapital als Möglichkeit der Gründungsfinanzierung im Handwerk
Göttinger Handwerkswirtschaftliche Arbeitshefte, Heft 42, 38 Sei-ten, ISSN 1432-9735, Göttingen 2000

(pug) Viele handwerkliche Existenzgründer stoßen bei der Realisierung ihres Gründungsvorhabens auf Kapital- und Finanzierungsprobleme. Da in den letzten Jahren Beteiligungska-pital in Deutschland stark an Bedeutung ge-wonnen hat, stellt sich die Frage, ob dieses Instrument für das Hand-werk geeignet sein kann, diese Prob-leme zu lösen oder zu-mindest zu re-duzieren.
In einem breit angelegten Forschungsprojekt, das sich vor allem auf eine große Anzahl von Experteninterviews stützt, ist das Seminar für Handwerkswesen an der Universität Göttingen dieser Frage nachgegangen. Dabei wurden folgende wesentlichen Ergebnisse gewonnen:
Als Anbieter von Beteiligungskapital betätigen sich vorwiegend institutionelle Anleger, seltener auch Privatinvestoren. Die renditeorientierte Kapitalbeteiligungsgesellschaften, wie Venture-Capital-Gesellschaften, investieren fast ausschließlich in hochinnovative Wachstumsunter-nehmen, um durch Partizipation am Zuwachs des Unternehmens-wertes in relativ kurzer Zeit eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. In Anbetracht der Ausfallwahrscheinlichkeit ihrer Investments erwarten sie von potenziellen Kapitalnehmern je nach Risiko Renditen von ca. 20-50% p.a. auf das einge-setzte Kapi-tal. Vor allem die Venture-Capital-Gesellschaften beab-sichtigen, den Wert ihrer Beteiligung durch einen Verkauf an
Dritte oder an der Börse zu vervielfachen. Die Finanzierung ist von Anfang an auf diesen Exit angelegt und umfasst eine Beteiligung an den stillen Reserven beim Beteiligungsnehmer. Diese Anforderungen werden im Handwerk jedoch praktisch nicht erfüllt. Aus diesen Gründen sind Handwerksbetriebe für renditeorientierte Beteiligungsgesellschaften bislang relativ uninteressant; Beteiligungsfälle im Handwerk sind nicht bekannt.
Bedeutsamer für das Handwerk sind dagegen die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBG). Diese wirken auf Länderebene und sind nicht gewinnorientiert, sondern auf Mittelstandsförderung ausgerichtet. Ohne den grundsätzlichen Ausschluss von Branchen vergeben sie Kapital in Form einer typisch stillen Beteiligung gegen ein jährliches Entgelt. Diese Art der Beteiligungsfinanzierung ist auf eine nominale Rückzahlung der Kapitaleinlage ausgelegt, ohne dass der Kapitalgeber am Zuwachs der stillen Reserven beim Kapitelnehmer partizipiert. Mit den Venture Capital-Gesellschaften haben die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaf-ten somit nur relativ wenig gemein.
Die Vorteile der MBG-Beteiligungsprogramme liegen hauptsächlich in einer Stärkung der Eigenkapitalbasis, der Schonung der Sicherheiten, der Erhöhung des Finanzierungsspielraums sowie der Möglichkeit, dass der Beteiligungsnehmer von der MBG beraten wird. Da es sich um eine stille Beteiligung handelt, sind die Eingriffsrechte des Beteiligungsgebers relativ gering.
Die Hauptgründe, warum die Beteiligungsfinanzierung im Handwerk bislang nur relativ selten genutzt wird, sind die fehlende Bekanntheit dieses Finanzierungsin-struments bei den Existenzgründern, die Ängste der Handwerker, ihre Unabhängigkeit zu verlieren, und die hohe Liquiditätsbelastung durch das von der MBG verlangte Beteiligungsentgelt, das deutlich höher ausfällt als die Zinsbelastung bei der Kreditfinanzierung.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich bislang das Beteiligungskapital noch nicht als Finanzierungsinstrument für handwerkliche Existenzgründer etabliert hat. Es ist auch nicht anzunehmen, dass die Beteiligungsfinanzierung unter den Handwerkern einen vergleichbaren Auf-schwung erlebt wie in einigen industriellen Branchen, obwohl sie Vorteile für die Gründungsfinanzierung bringt. Die Konkurrenz durch öffentliche Förderprogramme ist jedoch groß, und die MBG-Finanzierung hebt sich teilweise zu wenig davon ab. Solange nicht in weiteren Bundesländern spezielle Beteiligungs-programme für Existenzgründer angeboten werden und das Instrument "Beteiligungsfinanzierung" im Handwerk stärker bekannt gemacht wird, werden sich die meisten Existenz-gründer des Handwerks ihr Kapital auch in Zukunft hauptsächlich über die ihnen vertrauteren Finanzierungsinstrumente beschaffen.

Bezug der Veröffentlichung:
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Bezug der Kurzfassung:
Seminar für Handwerkswesen an der Universität Göttingen, Käte-Hamburger-Weg 1, 37073 Göttingen,
Fon: 0551/39 48 82, Fax: 0551/39 95 53, E-Mail: SfHGoe@Uni-Goettingen.de, gegen DM 10,-
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