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Presseinformation: Wissenschaftlerinnen analysieren Selbstbild linksextremistischer Terroristen

Nr. 209/2009 - 23.10.2009

Kulturanthropologinnen präsentieren erste Forschungsergebnisse – Tagung im November

(pug) Wie sahen sich linksextremistische Terroristen der „Rote Armee Fraktion“ und der „Bewegung 2. Juni“ selbst? Wie förderte die Abgrenzung von der politischen Kultur und der Gesellschaft ihrer Zeit ihre kollektive Identität? Und auf welche Weise tritt dieses Selbstbild in autobiografischen Texten und Interviews in Erscheinung? Mit diesen Fragen beschäftigen sich Wissenschaftlerinnen in einem Forschungsprojekt am Institut für Kulturanthropologie / Europäische Ethnologie der Universität Göttingen unter der Leitung von Prof. Dr. Carola Lipp. Beim Institutskolloqium am Mittwoch, 28. Oktober 2009, präsentieren die Göttinger Kulturanthropologinnen Prof. Dr. Gudrun Schwibbe und Meike Bährens erste Ergebnisse. Ihr Vortrag trägt den Titel „Anderssein – Untersuchungen an autobiografischen Texten ehemaliger Linksterroristen“. Die öffentliche Veranstaltung beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal PH 05 des Instituts am Friedländer Weg 2.

Mit ihrer Arbeit erweitern die Forscherinnen die Auseinandersetzung mit einem bedeutsamen Abschnitt der bundesdeutschen Zeitgeschichte um die bislang nur wenig berücksichtigte Perspektive der Terroristen. Die Abgrenzung zu Anderen („Alterität“) hat insbesondere in Rückblicken ehemaliger Terroristen eine zentrale Bedeutung. Sie dient unter anderem der Rechtfertigung der eigenen Rolle und gewaltsamer Aktionen. In ihrer Textanalyse verbinden die Wissenschaftlerinnen Ansätze aus der Kulturanthropologie, der Erzähltheorie und der Psychologie. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das Projekt „Narrative Identitätskonstruktionen – Alteritätskonstituierungen in Selbstdarstellungen von ehemaligen Mitgliedern linksterroristischer Gruppierungen“ über einen Zeitraum von zwei Jahren.

„Narrative Identitätskonstruktionen“ lautet auch der Titel einer thematisch weiter gefassten Tagung Anfang November in Göttingen. Neben den Göttinger Kulturanthropologinnen referieren dann auch Forscher aus Essen, Gießen, Tübingen und Nordenham. Zu den Themen gehören unter anderem neue Entwicklungen in der kulturwissenschaftlichen Erzählforschung, die Selbstdarstellung einer Helferin verfolgter Juden in der NS-Zeit und poetische Alterität in der Avantgarde. Prof. Schwibbe spricht über „Anderssein – Zur Mehrdimensionalität narrativer Alteritätskonstruktionen“. Der Vortrag von Meike Bährens trägt den Titel „Ein Leben für ein Leben – Narrative Identitätskonstruktionen von Opfern, Tätern und Rächern“. Die öffentliche Tagung findet am 6. und 7. November im Hörsaal PH 06 des Instituts für Kulturanthropologie / Europäische Ethnologie statt. Das Programm der Tagung ist im Internet unter www.kaee.uni-goettingen.de unter dem Punkt „Aktuelles“ abrufbar.

Hinweis an die Redaktionen:
Zu beiden Veranstaltungen sind Journalisten herzlich eingeladen.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Gudrun Schwibbe
Institut für Kulturanthropologie / Europäische Ethnologie
Friedländer Weg 2, 37085 Göttingen
Telefon (0551) 39-13868
E-Mail: gschwib@gwdg.de