In publica commoda

Wasser im Innern eines Saturnmondes

03.07.2009

Göttinger Forscher stellen Geysir-Ausbrüche auf Eismond Enceladus im Labor nach

Unter dem Saturnmond Enceladus erstreckt sich stellenweise ein unterirdischer Ozean; kalte Geysire schleudern winzige Eispartikel ins Weltall. Göttinger Wissenschaftler um Prof. Dr. Bernd Abel vom Institut für Physikalische Chemie der Universität und Prof. Dr. Udo Buck vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation gelang es, die Vorgänge auf dem Eismond Enceladus im Labor nachzustellen. Dabei fanden sie heraus, dass die im Saturn-Ring vorhandenen Eisbrocken aus einem flüssigen Ozean unter der Oberfläche des kleinen Eismondes stammen müssen. Damit haben sie Wasser als eine wichtige Voraussetzung für Leben auf Enceladus nachgewiesen. Die Forschungsergebnisse sind in der Fachzeitschrift Nature vom 25. Juni 2009 veröffentlicht worden.


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Prof. Dr. Udo Buck (links) vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation und Prof. Dr. Bernd Abel (rechts) von der Universität Göttingen.


Mit einem Durchmesser von etwa 500 Kilometern ist Enceladus der sechstgrößte Mond des Saturn. Der mit einer dicken Eisschicht bedeckte Himmelskörper gilt als einer der Kandidaten im Sonnensystem, auf dem Forscher günstige Bedingungen für primitives Leben vermuten. Frühere Messungen lieferten Hinweise dafür, dass sich unter der Oberfläche des Eismondes ein unterirdisches Wasserreservoir befinden könnte, das die kalten Geysire in der Nähe des Südpols des Mondes speisen könnte, die immer wieder winzige Eispartikel ins All schleudern. Bisher war allerdings unklar, ob diese Partikel den Enceladus zunächst als flüssiges Wasser verlassen und dann in der Kälte des Weltalls gefrieren oder ob der Ozean selbst längst zu Eis geworden ist.

Ein internationales Forscherteam, das mit einem Messgerät an Bord der Raumsonde Cassini die Teilchen in den Saturnringen im Vorbeiflug genau auf ihre Bestandteile untersucht hat, stieß in den Eispartikeln eines der äußeren Ringe, des sogenannten E-Rings, neben organischen Verbindungen und Silikaten auch auf Natrium und Karbonate. Von diesen Stoffen erhofften sich die Wissenschaftler Hinweise auf den aktuellen Zustand der Quelle im Innern des Mondes. Nur ein flüssiger Ozean würde Teilchen mit hoher Natriumkonzentration ins All schleudern. Denn wenn Wasser langsam gefriert, bleiben Salze wie etwa Natriumverbindungen darin gelöst; das Eis ist nahezu salzfrei.

Für die richtige Interpretation der Messergebnisse war die Expertise der Göttinger Wissenschaftler gefragt, die bereits seit Jahren Wassercluster erforschen, also winzige Klumpen weniger Wassermoleküle und ihre Verbindungen. Denn die Eiskörnchen aus der Tiefe des Weltalls offenbarten eine überraschende Vielfalt an Natriumverbindungen: Körnchen mit geringer Natriumkonzentration zeigten Anlagerungen von Natrium an Wassermoleküle, Körnchen mit hoher Natriumkonzentration Verbindungen, die Hydroxid enthalten. Die Wissenschaftler um Prof. Abel und Prof. Buck untersuchten, ob sich diese Ergebnisse mit einem unterirdischen Ozean in Einklang bringen lassen.

Am MPI für Dynamik und Selbstorganisation hatten Forscher bereits Experimente durchgeführt, die weitgehend den am Enceladus gemessenen Verteilungen entsprachen. Dafür beschoss Prof. Buck im Vakuum einzelne Wassercluster mit Natrium-Atomen und prüfte, welche Verbindungen so entstehen. „Wir hätten niemals damit gerechnet, dass unsere Experimente für Forschung relevant sein könnte, die sich in mehr als einer Milliarde Kilometer Entfernung von der Erde abspielt“, sagt Prof. Buck.

Im nächsten Schritt gelang es den Forschern, die Situation auf Enceladus im Labor nachzustellen – wenn auch in vereinfachter Form. Im Institut für Physikalische Chemie richteten die Wissenschaftler einen Laser auf einen Wasserstrahl, der die theoretisch vorhergesagten Natriumverbindungen enthielt. Der Wasserstrahl übernimmt dabei die Rolle des Ozeans, der Laser simuliert die Zerstäubung des Wassers vor dem Geysir-Ausbruch. „Mit unserer Methode der Flüssigkeitsstrahl-Massenspektrometrie konnten wir die Verbindungen, die der Laser aus dem Wasserstrahl herausschlägt, genau nachweisen“, erklärt Prof. Abel das Prinzip. Falls der Ozean unter der Oberfläche des Mondes noch flüssig ist, müssten dieselben Verbindungen in den Eisbrocken des Saturnrings zu finden sein. Die Methode war so erfolgreich, dass sich neben den Natriumsalzen auch Karbonatverbindungen nachweisen ließen. Diese erlaubten es, den leicht basischen pH-Wert des Ozeans zu bestimmen.

Die Ergebnisse der Göttinger Forscher bestätigten eindrucksvoll die Vermutung von Wasser unter der Oberfläche des kleinen Saturnmondes. Genau die Natriumverbindungen, die die Raumsonde gemessen hatte, fanden sie auch im Experiment. „Die Eisbrocken im Saturn-Ring mit viel Natrium müssen aus dem flüssigen Ozean stammen“, erklären Prof. Abel und Prof. Buck. Die natriumarmen Brocken entstehen aus dem Wasserdampf, der sich über dem Ozean aufhält. Zumindest eine der wichtigsten Voraussetzung für Leben ist mit dem Wasser auf Enceladus gegeben.

Die Forschungsergebnisse sind unter dem Titel „Sodium salts in E ring ice grains from an ocean below the surface of Enceladus” veröffentlicht in: Nature 459, 1098-1101 (25. Juni 2009)