In publica commoda

Presseinformation: Universität Göttingen beschließt Richtlinien zu guter wissenschaftlicher Praxis

Nr. 169/2002 - 06.06.2002

Gutachtern liegen alle Patientenunterlagen im Fall der umstrittenen Göttinger Krebsstudie vor

(pug) Der Senat der Georg-August-Universität hat in seiner letzten Sitzung (5. Juni 2002) Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis beschlossen. Er folgte damit einer Empfehlung der Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Richtlinien wurden von einem dreiköpfigen Ombudsgremium der Göttinger Universität erarbeitet, das bereits vor zwei Jahren vom Senat gewählt wurde. Ihm gehören die emeritierten Göttinger Wissenschaftler, Prof. Dr. Günther Patzig (Philosophie), Prof. Dr. Rudolf Smend (Theologie) und Prof. Dr. Heinz Georg Wagner (Physikalische Chemie) an.

Die Richtlinien legen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis fest und definieren wissenschaftliches Fehlverhalten. Ansprechpartner in Fällen, in denen der Verdacht auf Fehlverhalten besteht, werden Ombudsfrauen und -männer, bei Bedarf auch eine Kommission auf der Ebene der Fakultäten sein. Diese Ombudsleute beraten als Vertrauensperson und prüfen an sie heran getragene Vorwürfe auf Korrektheit und Be-deutung. Eine vom Senat für vier Jahre gewählte Ombudskommission, die aus drei Wissenschaftlern besteht, übernimmt danach die Vorprüfung im direkten Kontakt mit den Beteiligten. Falls sich die Vorwürfe erhärten, wird auf Vorschlag des Präsidenten eine fünfköpfige Untersuchungskommission eingerichtet, der mindestens zwei Mitglieder von außerhalb der Universität angehören müssen. Sie legt dem Präsidenten, sofern sie ein Fehlverhalten für erwiesen hält, einen Entscheidungsvorschlag vor. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten werden dann die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen eingeleitet. Die Richtlinien sind im Internet unter http://www.uni-goettingen.de/gute_wissenschaftliche_praxis veröffentlicht.

Das bereits arbeitende Ombudsgremium der Göttinger Universität berichtete am gestrigen Tag außerhalb der Senatssitzung auch über den Stand der Untersuchungen im Fall der umstrittenen Vakzinetherapie bei Nierenzellkarzinomen im Göttinger Klinikum. Das Gremium prüft, ob bei einer Veröffentlichung über die Behandlung von 17 mit einem neuen Impfstoff behandelten Nierenkrebs-Patienten in der Fachzeitschrift „Nature Medicine“ die gute wissenschaftliche Praxis eingehalten wurde. Inzwischen liegen den vier externen Sachverständigen, die das Ombudsgremium zur Bewertung der Fakten hinzugezogen hat, sämtliche Krankenblätter der 17 Patienten vor. Die Sachverständigen werden sich am 11. Juni 2002 zu einer gemeinsamen Prüfung treffen. Der Präsident der Universität Göttingen, Prof. Dr. Horst Kern, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Universität alles in ihrer Hand liegende unternehme, um das Untersuchungsverfahren voranzutreiben und möglichst rasch zu einer Bewertung der Vorgänge zu kommen.