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Presseinformation: Realität und Statistik sind zweierlei, Göttinger Wissenschaftler veröffentlicht Untersuchung zu den Existenzgründungen im Handwerk

Nr. 39/2000 - 24.03.2000

(pug) Existenzgründungen genießen - vor allem wegen ihrer Arbeitsplatzfunktion - in der Wirtschaftspolitik eine besondere Aufmerksamkeit. Bislang gibt es keine abgesicherten Daten darüber, wie viele Existenzgründungen im Handwerk, Deutschlands zweitgrößtem Wirtschaftsbereich, jährlich erfolgen.
Die vorliegende Untersuchung prüft, inwieweit sich die vorhandenen Datenquellen eignen, abgesicherte Daten über die Zahl der Existenzgründungen im Handwerk zur Verfügung zu stellen. Dabei bieten sich als Quellen zum einen die Verzeichnisse, die bei den Handwerkskammern geführt werden (Handwerksrolle und Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe) und zum anderen die Gewerbeanzeigenstatistik an.
In den Handwerkskammern werden zwar alle Zugänge im Vollhandwerk und im handwerksähnlichen Gewerbe erfasst. Hierbei handelt es sich jedoch nicht nur um Existenzgründungen, sondern häufig auch um Umgründungen. Ein Vermerk, ob es sich um eine Existenzgründung handelt, ist in der Anlage D zur Handwerksordnung nicht vorgesehen. Genaue Angaben darüber, wie hoch der Anteil der Existenzgründungen an den Zugängen ist, gibt es derzeit nicht. Am plausibelsten erscheint ein Anteil von etwa zwei Drittel.
In der Gewerbeanzeigenstatistik wird zwar seit wenigen Jahren bundesweit das Handwerk gesondert erfasst, die Daten sind jedoch nach den bisherigen Erfahrungen mit großer Skepsis zu betrachten, da offenbar häufig Gewerbeanmeldungen von den Gewerbeämtern fälschlicherweise nicht dem Handwerk zugeordnet werden, wobei hier zwischen den Bundesländern beträchtliche Unterschiede bestehen. Dadurch wird die Zahl der Existenzgründungen im Handwerk eindeutig zu gering ausgewiesen. Dies kommt auch in einem Vergleich mit den Handwerkskammerverzeichnissen zum Ausdruck.
Ein Abgleich der Eintragungen zwischen Handwerkskammern und Gewerbeämtern findet meist nicht statt, da viele Handwerkskammern es mit einer großen Anzahl von Gewerbeämtern zu tun haben. Aber auch wenn ein entsprechender Abgleich erfolgt, ist hierfür eine gewisse zeitliche Verzögerung in Betracht zu ziehen. Die monatlichen Meldungen an die Statistischen Landesämter sind dann längst erfolgt. Die Betriebe werden in der Statistik so häufig nicht zum Handwerk gezählt, obwohl eine Handwerkseigenschaft vorliegt.
Als Fazit lässt sich damit feststellen, dass die Gewerbeanzeigenstatistik in ihrer jetzigen Form die Zahl der Existenzgründer im Handwerk bei weitem unterschätzt, insbesondere in einigen Bundesländern. Aber auch aus den Handwerkskammerverzeichnissen lässt sich derzeit kein genaues Bild über das Existenzgründungsgeschehen im Handwerk ableiten.
Um dies zu ändern, werden am Ende der Veröffentlichung einige Möglichkeiten diskutiert, um die Eignung dieser beiden Statistiken für die Ermittlung der Existenzgründerzahlen im Handwerk zu verbessern. Wichtig erscheinen insbesondere ein besserer Austausch zwischen Handwerkskammern und Gewerbeämtern, eine bessere Schulung der Mitarbeiter und eine Überarbeitung des Anmeldebogens bei den Gewerbeämtern.


Müller, Klaus: Existenzgründungsstatistik im Handwerk
Göttinger Handwerkswirtschaftliche Arbeitshefte, Heft 40, 39 Seiten,
ISSN 1432-9735, Göttingen 2000


Bezug der Veröffentlichung:
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