In publica commoda

Presseinformation: Umweltpreis aus Brasilien: Göttinger Agrarwissenschaftler ausgezeichnet

Nr. 20/2003 - 21.01.2003

Deutsch-brasilianische Forschungskooperation entwickelte Spezialhäcksler für Kleinbauern

(pug) Für die Entwicklung einer Alternative zur traditionellen Brandrodung, die im tropischen Nordosten Brasiliens zur Vorbereitung von seit langem genutzten landwirtschaftlichen Flächen eingesetzt wird, hat eine deutsch-brasilianische Forschungskooperation mit Beteiligung von Agrarwissenschaftlern der Georg-August-Universität Ende vergangenen Jahres den Umweltpreis Chico Mendes erhalten. Mit dem renommierten Preis zeichnet das brasilianische Umweltministerium herausragende Leistungen bei der Schaffung nachhaltiger und umweltschonender Technologien zur Verbesserung der Umwelt- und Lebensqualität in Amazonien aus. Im Rahmen des Gemeinschaftsprojektes haben das Göttinger Institut für Agrartechnik unter der Leitung von Prof. Dr. Wolfgang Lücke, das Zentrum für Entwicklungsforschung der Universität Bonn und das brasilianische Agrarforschungsinstitut Embrapa Amazônia Oriental einen Spezialhäcksler entwickelt, mit dem die Buschvegetation zu nährstoffreichem Mulch zerkleinert und auf den Böden verteilt wird. Prof. Lücke: „Die bewusst einfach konstruierte Maschine wurde in der Praxis getestet und verbessert. Sie soll in Zukunft in Brasilien hergestellt werden.“

Wie Prof. Lücke erläutert, beruht die traditionelle Bewirtschaftungsmethode brasilianischer Kleinbauern immer noch auf der Waldwechselwirtschaft, bei der nach einer zweijährigen Flächennutzung eine meist fünfjährige Brachephase folgt. Die in dieser Zeit aufgewachsene Buschvegetation wurde bislang zur Flächenvorbereitung für die nächste Anbauphase gefällt und nach einer Trocknungsphase abgebrannt, womit der größte Teil der dort angesammelten Nährstoffe verloren ging. „Bei der derzeitigen Intensivierung der Landnutzung mit einer Verkürzung der Brachphasen sind diese Böden dauerhaft so nicht mehr nutzbar. Die Bauern ziehen weiter und roden neuen Regenwald“, so der Göttinger Agrarwissenschaftler. Mit dem neuen Verfahren verbleibt die gefällte Vegetation als Mulch auf den jeweiligen Flächen. Auf diese Weise sind die Böden weitestgehend vor Austrocknung und vor Erosion durch starke Regenfälle geschützt. Durch die bakterielle Zersetzung der Mulchdecke werden die dort gebundenen Nährstoffe langsam an den Boden abgegeben. Prof. Lücke: „Die Vorteile dieses Verfahrens liegen auf der Hand. Bislang hat jedoch eine Technologie zur Mulchproduktion gefehlt.“ Entwickelt wurde der Spezialhäcksler insbesondere für Regionen in Ostamazonien, in denen die Regenwälder durch Landwirtschaft bereits vor 100 Jahren vollständig zerstört wurden.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat die Arbeiten mit Mitteln aus dem deutsch-brasilianischen Forschungs- und Entwicklungsprogramm SHIFT, das Studien zum menschlichen Einfluss auf tropische Ökosysteme initiiert, gefördert. Im Rahmen von SHIFT werden unter anderem die Auswirkungen der Landwirtschaft auf ehemalige Regenwaldböden untersucht. Die ausgezeichnete deutsch-brasilianische Forschungskooperation mit Göttinger Beteiligung erhielt den Umweltpreis Chico Mendes in der Kategorie „Technologie und Wissenschaft“. Der Preis ist nach dem 1988 ermordeten brasilianischen Umweltschützer Chico Mendes benannt.

Kontaktadresse:
Andreas Block
Georg-August-Universität Göttingen
Argarwissenschaftliche Fakultät
Institut für Agartechnik
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