Wintersemester 2003/2004
Das Christentum ist 'denkende Religion', und es ist kein Zufall, daß von Anfang an im Neuen Testament griechische Begriffe wie Wahrheit, Freiheit, Wort (Logos), Geist, Liebe (Agape), eine prominente Bedeutung erlangt und das Bedürfnis nach einer intellektuellen Selbstvergewisserung des Glaubens (Theologie) freigesetzt haben.
Gott gibt überhaupt zu denken. Das religionsgeschichtlich Einmalige aber, daß im Christentum der Gottesgedanke unlösbar mit dem geschichtlichen Menschen Jesus von Nazareth verbunden ist, hat hier Denkanstrengungen höchsten Niveaus provoziert. Dem verdanken sich die Dogmenbildung der Alten Kirche, die großen Lehrsysteme des Mittelalters (Scholastik) und der protestantischen Orthodoxie ebenso wie die religionsphilosophischen Umbildungen der Neuzeit (Kant, Fichte, Schelling, Hegel). Man muß nur den Namen Augustins nennen, um die Bedeutung der Geschichte des christlichen Denkens für Europa und das westliche Denken überhaupt (einschließlich der Ethik) anzudeuten.