Chancengleichheit und Diskriminierungsschutz im Blick – auch und gerade während der Corona-Pandemie
Auf dieser Seite finden insbesondere Führungskräfte und Lehrende Hinweise dazu, wie sie zu Chancengleichheit und Diskriminierungsschutz in Corona-Zeiten beitragen können.
Die Corona-Pandemie geht mit gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen einher, auch für Mitglieder und Angehörige der Universität Göttingen. Sie verändert Arbeit, Studium, Lehre und Forschung fundamental. Viele Menschen sind verunsichert, haben Ängste und Sorgen, Planungen und Arrangements verändern sich schnell oder werden obsolet. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen treffen jedoch nicht alle Mitglieder und Angehörigen der Universität in gleicher Weise: Je nach Lebenssituation und -lage wirken sich die politischen und organisatorischen Maßnahmen unterschiedlich aus. So sind beispielsweise Personen besonders unter Druck, die – bei geschlossenen Schulen und Kitas – zuhause Sorgearbeit leisten, für Homeschooling verantwortlich sind und zugleich im Home-Office arbeiten oder Qualifizierungsarbeiten verfassen. Forschungsergebnisse verweisen darauf, dass der durch die Corona-Pandemie zeitliche Zuwachs an Sorgearbeit die immer noch existierende Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern verstärkt und auch langfristig zu beruflichen Nachteilen, insbesondere für Frauen, führt. Bis die Schulen und Kitas ihren Regelbetrieb wieder vollständig aufnehmen, bleiben Mehrbelastungen für die o.g. Personengruppen bestehen. Daher sollten universitäre Prozesse so gestaltet werden, dass alle Mitarbeitenden und Promovierenden ihrer Sorgeverantwortung und ihren Betreuungspflichten unabhängig von Geschlecht nachgehen können. Insgesamt führen schwierige Alltagsgestaltung, psychosoziale Verunsicherung, soziale Ausschlüsse und existenzielle Bedrohungen aufgrund von finanziellen Notlagen oder Diskriminierungs- oder Gewalterfahrungen zu neuen oder zur Verstärkung bestehender Mehrfachbelastungen.
Ziel dieser Webseite ist es, aus der Perspektive von Gleichstellung, Vereinbarkeit und Diversität auf diese – neuen und alten – Benachteiligungen und Diskriminierungen aufmerksam zu machen. Sie möchte dafür sensibilisieren, wie wichtig Chancengleichheit und Diskriminierungsschutz auch und gerade in Corona-Zeiten sind.
Alle Mitglieder und Angehörigen der Universität können gemeinsam daran mitwirken, dass sich bestehende Ungleichheiten nicht verschärfen und weitere Benachteiligung von vulnerablen Gruppen verhindert werden.
In besonderer Weise von der derzeitigen Situation betroffen sind u.a. Personen
- mit Sorgeverantwortung/ Betreuungspflichten (Kinder, Pflege) in verschiedenen Haushalts- und Familienkonstellationen (auch Wohngemeinschaften, Patch-Work-Familien etc.), insb. Alleinerziehende
- mit geringer Teilhabe an Unterstützungsnetzwerken (z.B. Communities, Familien, Wohngemeinschaften), bspw. Internationale
- die besonders von einem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung bedroht sind und noch nicht vollständigen Impfschutz haben
- mit Beeinträchtigungen, chronischen Erkrankungen (auch psychischen) und Behinderungen
- mit begrenzten Ressourcen wie Zeit, finanzielle Absicherung (prekäre Vertragskonstellationen) und Raum zum Arbeiten/ Lehren von zu Hause aus
- mit fehlendem oder unzureichendem Zugang zu technischer Ausstattung, Infrastrukturen und Arbeitsmaterialien
- mit nur grundlegenden Digitalkompetenzen
- die unter verstärkter rassistischer Diskriminierung leiden
- die im eigenen Wohnumfeld von Benachteiligung, Diskriminierung und (häuslicher) Gewalt betroffen sind
- in beengten Lebensverhältnissen, die physische Distanzierung und notwendige Hygienemaßnahmen nicht in erforderlichem Maße zulassen.
Diese Liste ist ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Im Folgenden finden Sie Informationen und Anregungen, wie Sie die sich unterscheidenden Lebenssituationen und -lagen und ihre Auswirkungen bei der Gestaltung von Lösungen und neuen Maßnahmen während der Corona-Pandemie berücksichtigen können.
Führung – Organisation von Arbeitsprozessen und Teams sowie Betreuung von Qualifizierungsarbeiten
Als Führungskraft und als Betreuer*in von Qualifizierungsarbeiten sind Sie in der Pandemie-Situation in besonderer Weise gefordert, für den Zusammenhalt in Arbeitsteams und „funktionierende“ Arbeitsabläufe zu sorgen. Kommunikationsflüsse und Arbeitsprozesse müssen (neu) organisiert werden – oftmals unter sich laufend verändernden Rahmenbedingungen, hohem zeitlichem Druck und ohne die gewohnten Räume und Tools.
- Berücksichtigen Sie, dass die zeitlichen, räumlichen, technischen und emotionalen Ressourcen der Mitarbeitenden bzw. Promovierenden möglicherweise eingeschränkt sind. Machen Sie ggf. auch eigene Einschränkungen deutlich.
- Mitarbeitende oder Promovierende mit Kindern müssen parallel zur Arbeit Kinderbetreuung (teilweise zusätzlich Homeschooling) und Versorgung leisten und sind nur eingeschränkt zeitsouverän. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Eltern von Kindern im Vorschulalter, Personen in Patch-Work-Familienkonstellationen sowie internationale Mitarbeitende und Promovierende.
- Pflegende Angehörige müssen mit der Einschränkung bzw. dem Wegfall von ambulanten Pflegediensten oder Pflegekräften rechnen.
- Beschäftigte mit kurzer Vertragslaufzeit oder Honorarverträgen sind derzeit mit immenser Verunsicherung und emotionaler Belastung konfrontiert.
Empfehlungen
- Achten Sie auf möglichst flexible, individuell angepasste zeitliche Arrangements für Home-Office und für gemeinsame Arbeits- oder Abstimmungsprozesse.
- Berücksichtigen Sie, dass ggf. nur eingeschränkt Arbeitsleistungen erbracht werden können.
- Geben Sie Ihren Mitarbeitenden und Promovierenden ein klares Signal, dass Sie sich bewusst sind, dass Verzögerungen eintreten können und dass Sie sich dafür einsetzen, dass daraus keine Nachteile für Ihre Mitarbeitenden und Promovierenden entstehen.
- Achten Sie darauf, dass Mitarbeitende und Promovierende, die besonders von einem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung bedroht sind und noch keinen vollständigen Impfschutz haben, sich schützen können, ohne dass sie gezwungen sind, ihre Situation in Arbeitszusammenhängen zu erläutern.
- Erkundigen Sie sich bei Ihren Mitarbeitenden und Promovierenden danach, ob sie über die notwendigen technischen Infrastrukturen (Netzanschluss, Betriebssysteme, Endgeräte, Rechnerkapazitäten) und Digitalkompetenzen für Home-Office verfügen. Stellen Sie gute technische Bedingungen für alle sicher, einschl. Barrierefreiheit (s. Coronavirus: Informationen A-Z, Stichwort „Barrierefreiheit“).
- Bedenken Sie, dass die Sorge um Angehörige, die eigene Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe, finanzielle Notlagen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, verstärkte (z.B. rassistische) Diskriminierungserfahrungen oder auch die Angst vor Diskriminierung und Gewalt im familiären oder Wohnumfeld eine immense emotionale Belastung darstellen können. Haben Sie dabei insbesondere die Situation internationaler Mitarbeitender oder Promovierender im Blick (sprachliche Barrieren, ausländerrechtliche Konsequenzen, u.U. fehlende Netzwerke).
- Berücksichtigen Sie, dass Videoformate die Privatsphäre von Mitarbeitenden und Promovierenden beeinträchtigen können und stellen Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten eine diskriminierungsfreie Nutzung digitaler Räume sicher, bspw. indem Sie schon zu Beginn die Möglichkeiten des jeweiligen Tools (z.B. Ton- und Kameraabschaltung durch Nutzer*innen) transparent machen. Thematisieren Sie bspw., welche Teile einer Konferenz aufgezeichnet/ veröffentlicht werden und welche nicht. Weisen Sie darauf hin, dass gemeinsam Verantwortung für ein faires Miteinander übernommen werden kann.
- Signalisieren Sie Ihrem Team Ansprechbarkeit, auch für Fragen, die ansonsten im Arbeitskontext keine Rolle spielen und machen Sie auf Beschwerdemöglichkeiten im Fall von Diskriminierungen in digitalen Räumen (z.B. Hate Speech) aufmerksam. (s. GesamtIndex A-Z: Stichwort „Beratungsstellen)
Lehre – Diskriminierungsschutz im digitalen Lehren und Lernen
Als Lehrende*r sind Sie derzeit gefordert, Ihre Lehre – Lehrveranstaltungen, Beratung, Betreuung und auch Prüfungen –in digitaler Form umzusetzen. An der Klärung und Verbesserung der Rahmenbedingungen (rechtliche Fragen, technische Infrastrukturen, Datenschutz etc.) wird kontinuierlich gearbeitet (aktuelle Informationen finden Sie unter Coronavirus: Informationen A-Z). Eigene Vereinbarkeitsanforderungen sowie prekäre Beschäftigungsverhältnisse und finanzielle Notlagen (insb. in der Qualifizierungsphase und bei Lehrbeauftragten) kommen verschärfend hinzu.
Grundsätzliches und konkrete Empfehlungen zum Diskriminierungsschutz in der Lehre finden Sie jetzt auf der Webseite Diskriminierungsschutz im digitalen Lehren und Lernen.
Gemeinsame Strategien – Kommunikation, Mitbestimmung und Transparenz
Krisen wie die Corona-Pandemie erfordern koordinierende Akteur*innen, klare Entscheidungsstrukturen und schnelles Handeln und, um alle mitzunehmen, kontinuierliche Informationen, transparente Kommunikationswege und sichtbare Ansprechpersonen. Die Erarbeitung konkreter Lösungen und die Umsetzung von Maßnahmen, die für möglichst viele tragfähig sind, braucht aber auch Beteiligung und Mitbestimmung.
Chancengleichheit und Diskriminierungsschutz können, auch während der Corona-Pandemie, nur gemeinsam und unter Beteiligung und Mitbestimmung von gewählten Vertretungen und von Interessengruppen sowie im Gespräch mit potenziell Betroffenen erfolgen. Transparenz ist grundlegend, damit alle einen Beitrag leisten können.
Beteiligen Sie an der Entwicklung von Lösungen und der Gestaltung von Maßnahmen – im Rahmen der üblichen Gremien oder auch spezieller Arbeitsgruppen – frühzeitig und kontinuierlich
- die Gleichstellungsbeauftragten
- alle Statusgruppen
- die studentischen Organe und die Promovierendenvertretungen
- den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung
- Interessengruppen, Hochschulgruppen
- die Fachabteilungen und -expert*innen in Verwaltung, Wissenschaftsmanagement und Technik
- städtische Akteur*innen dort, wo kontextbezogen notwendig.
Berücksichtigen Sie Chancengleichheit und Diskriminierungsschutz bei Neuregelungen (bspw. Ordnungen, Richtlinien etc.) im Kontext der Corona-Krise. Gehen Sie ins Gespräch mit denjenigen, die von den Lösungen betroffen sind, damit umgehen und arbeiten müssen. Fragen Sie, was bereits gut läuft und wie dies noch weiter verbessert werden kann, was noch fehlt und wie Information und Kommunikation optimiert werden können.
Diese Webseite wird regelmäßig ergänzt und aktualisiert (Letzte Aktualisierung: 14.06.2021).
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