Engaging with Climate Change:
Local Views of Challenges

Der Klimawandel ist real, und seine Auswirkungen sind inzwischen überall auf der Welt zu spüren. Doch obwohl der Klimawandel ein globales Phänomen ist, wird er an verschiedenen Orten unterschiedlich verstanden und erlebt.

Engaging Gruppenfoto
Bild: Werner Krauß

Der Kurs Engaging with Climate Change: Local Views of Challenges fand erfolgreich von April bis Juni 2022 statt. Ziel des Kurses war es Studierende aus verschiedenen Masterstudiengängen (und fortgeschrittenen Bachelorstudiengängen) darin anzuleiten, die lokalen Herausforderungen für Bürger*innen unserer Universitätsstädte und daran angrenzender Regionen in Bezug auf die Auswirkungen des globalen Klimawandels zu erforschen. Der Kurs wurde unter Beteiligung der Universitäten Göttingen, Groningen und Uppsala entwickelt und im Sommersemester 2022 mit Studierenden der Universitäten Göttingen (Deutschland), Groningen (Niederlande), Ghent (Belgien) und Uppsala (Schweden) durchgeführt.


Struktur des Kurses

Vorbereitungswochen (Woche 1-5)

  • Einführung I: Klimawandel aus sozialwissenschaftlicher Perspektive
  • Einführung II: Klimawandel und das Lokale
  • Theorie: Schlüsselkonzepte in der Auseinandersetzung mit dem Klimawandel
  • Methoden I: Qualitative Sozialforschung
  • Methoden II: Analyse Qualitativer Daten

Forschungswochen (Woche 6-8)
Während der drei Wochen recherchieren die Studierenden an ihren jeweiligen Standorten. Der thematische Unterricht während dieser Wochen dient als Inspiration für ihre Forschung. Sie müssen ihre Forschungserfahrungen in ihren jeweiligen Portfolios dokumentieren.

  • Themenschwerpunkt 1: Klimawandel und Emotionen
  • Themenschwerpunkt 2: Klimagerechtigkeit
  • Themenschwerpunkt 3: Klimawandel und Tourismus


Kurzbericht

Student Presentation
Bild: Leon-Fabian Caspari

Dieses Blended Intensive Program (BIP) untersuchte multidisziplinäre lokale Perspektiven auf den Klimawandel und seine Auswirkungen an den Standorten des ENLIGHT-Netzwerks. Die Studierenden lernten in diesem Modul die ortsbezogenen soziokulturellen Dimensionen des Klimawandels kennen und untersuchten empirisch, welche Herausforderungen die Bürgerinnen und Bürger in den verschiedenen ENLIGHT-Universitätsstädten oder den umliegenden Regionen durch die Auswirkungen des globalen Klimawandels wahrnehmen. Zur Vorbereitung nahmen Studierende aus dem gesamten ENLIGHT-Netzwerk und ein multidisziplinäres Team von Dozenten der Universitäten Göttingen, Groningen und Uppsala an einem universitätsübergreifenden Online-Kurs teil. Die Kurse führten die Studierenden in sozialwissenschaftliche Theorien zum Klimawandel, in Schlüsselkonzepte der Klimawissenschaft, der Klimagovernance und des Klimaaktivismus sowie in qualitative Methoden zur Datenerhebung und -analyse ein. Die Studierenden forschten während des Semesters an ihrem eigenen Standort und analysierten und präsentierten ihre Daten während einer Aufenthaltswoche in Göttingen, vom 12. bis 17. Juni 2022, was ihnen die Möglichkeit gab, Studierende und Dozenten der anderen Universitäten zu treffen, die sie zuvor nur online kennen gelernt hatten. Außerdem lernten sie die Universitätsstadt Göttingen kennen und konnten sich vor Ort über die unterschiedlichen Perspektiven der Bürgerinnen und Bürger sowie über die Folgen und Herausforderungen des Klimawandels für die Stadt informieren.


Die Präsenzwoche in Göttingen

Werner Krauß Workshop
Bild: Leon-Fabian Caspari

Während der Präsenzwoche konnten die Studierenden ihre Datenanalyse abschließen und eine Präsentation über die Zwischenergebnisse ihrer individuellen Forschungsprojekte vorbereiten. Sie wurden in Dreiergruppen eingeteilt, um eine gemeinsame Basis für ihre Forschungsthemen zu finden und ihre Ergebnisse vor der gesamten Gruppe von Studierenden und Lehrenden zu präsentieren. Begleitet wurde die Gruppenarbeit von Workshops mit Leon-Fabian Caspari, Dr. Werner Krauß und geführten Erkundungen der Stadt Göttingen in Bezug auf die Auswirkungen des Klimawandels und die Anpassung daran sowie Gesprächen über Klima und Nachhaltigkeit mit lokalen Bewohner*innen.


Ausgewählte Ergebnisse des Kurses

Hier finden Sie drei ausgewählte Beispiele für Forschungsarbeiten der Göttinger Studierenden. Alle Forschungen wurden in Göttingen oder in der Region durchgeführt.


Der Klimawandel ist ein übergreifendes Thema des 21. Jahrhunderts. Das Klima ist ein sehr abstraktes Phänomen, das nicht so einfach direkt erlebt werden kann wie das Wetter. Was jedoch gemessen werden kann, ist die Temperatur über lange Zeiträume hinweg, entweder auf globaler oder lokaler Ebene. Greta Simon hat sich bei ihren Forschungen auf die lokale Ebene konzentriert, wo steigende Temperaturen, Umweltverschmutzung und Industrialisierung zu dem Effekt der städtischen Wärmeinsel führen. Sie erörtert die inhärenten Merkmale des UHI-Effekts sowie Paradoxien wie die Wohnungsknappheit im Vergleich zum Bedarf an grüner Infrastruktur und den ungleichen Zugang zur Eindämmung des städtischen Wärmeinsel-Effekts zwischen verschiedenen Bevölkerungsschichten. Sie konzentriert sich auf die aktuellen Klimaschutz- und Anpassungsstrategien der Stadt Göttingen, insbesondere den Klimaplan 2030, und befragte eine Vertreterin der Stadt, die sich mit Klimaanpassung beschäftigt. Sie stellte fest, dass die Klimaanpassung erst seit ca. 10 Jahren ein Thema ist, weshalb es in Göttingen selbst noch viele Defizite gibt. Kurz gesagt, die Politik muss ihren Teil dazu beitragen, den Weg für widerstandsfähige und angepasste Städte zu ebnen, wie wir es während der Covid-19-Pandemie und der Energieknappheit seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine gesehen haben. Die Politik hat die Macht, unsere Lebensweise in bestimmte Richtungen zu lenken, warum also nicht in eine Richtung, die es wieder lebenswert macht, auf diesem Planeten zu leben?

Nach dem Kurs absolvierte Greta ein Praktikum im Referat für nachhaltige Stadtentwicklung in Göttingen.


Die Klimakrise betrifft uns alle. Wie ein unsichtbarer Faden zieht sie sich durch alle Bereiche unserer Gesellschaft und spinnt ein immer dichteres Netz um die Welt. Diese Fäden machen sichtbar, wo die Politik versagt hat und soziale Ungerechtigkeiten verstärkt werden. Wer hat die Macht und wer hat sie nicht? Klimaprojektionen sehen die nächsten 10 Jahre als ein entscheidendes Zeitfenster für Maßnahmen, um zu verhindern, dass der Klimawandel zu einer unumkehrbaren Krise wird. Dies wird auch zu einer Zunahme von Emotionen und Gefühlen wie Stress, Angst und Hilflosigkeit führen. Anhand der "Letzten Generation" als Fallstudie konzentriert sich meine Forschung darauf, wo Emotionen im Klimaaktivismus zu finden sind, wie Emotionen im Klimaaktivismus diskursiv eingesetzt werden, um die Politik des Klimawandels zu beeinflussen, und wie Emotionen die Handlungsfähigkeit, das Wohlbefinden und letztlich die Motivation der Aktivist*innen beeinflussen, den physischen Komfort ihres Zuhauses gegen die allgegenwärtige Gefahr einzutauschen, von einem Auto angefahren oder von wütenden Passanten körperlich angegriffen zu werden, während sie auf einer Straßenblockade sitzen und mit den Händen auf der Straße kleben.

Letzte Generation
Bild: Felix Heller


Carl Simon Spinger untersucht im Nationalpark Harz in Mitteldeutschland, welche Prozesse und Faktoren eine wichtige Rolle dabei spielen, wie der Klimawandel lokal wahrgenommen und verarbeitet wird und welche Auswirkungen dies auf menschliches Verhalten haben kann. Dazu hat er im Rahmen einer Mixed-Method-Studie 40 Personen zum dort eingetretenen Waldsterben befragt, welches als Beispiel für eine lokale Auswirkung des Klimawandels gilt. Seine Analyse zeigt, dass die Befragten das Waldsterben auf verschiedenen Ebenen emotional wahrnehmen und diese Wahrnehmung wiederum maßgeblich von lokalspezifischen Faktoren wie der Suche nach den Schuldigen für dieses Ereignis beeinflusst wird. Die Befragten kritisieren zusätzlich u.a. die Klimakommunikation öffentlicher Einrichtungen sowie die allgemeine mediale Berichterstattung. Im Zusammenhang mit der psychologischen Verarbeitung dieses Ereignisses spielen weitere Faktoren wie das Value-Action-Gap, soziale Vergleiche und die Selbstwirksamkeit bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen eine Rolle. Insgesamt zeigt ein Teil der Befragten ein stärkeres Bewusstsein für den Klimawandel und die Notwendigkeit von entsprechenden Klimaschutzmaßnahmen. Die tatsächliche Umsetzung von eigenen Maßnahmen ist dabei jedoch schwer zu überprüfen und scheitert laut den Befragten oft an einem Mangel an Wissen darüber, wie man Klimaschutz in den eigenen Alltag integrieren kann. Diese Ergebnisse tragen dazu bei, die Faktoren, die bei der Wahrnehmung und Verarbeitung sichtbarer Auswirkungen des Klimawandels eine Rolle spielen, besser zu verstehen. Sie bieten auch Anregungen für politische Entscheidungsträger*innen sowie die Gestaltung einer angepassten Klimakommunikation.

Harz Mountain_Carl Simon Springer
Bild: Carl Simon Springer



Engaging Gruppenfoto 2.jpeg Bild: Elfriede Hermann