Habilitationsprojekt / Habilitation Project


Kreativität in Prädigitalien: Eine Wirtschafts- und Kulturgeschichte des Urheberrechts in transatlantischer Perspektive, ca. 1950-1980

Kreativität gilt als „das ‚Heilswort‘ der Gegenwart“ (U. Bröckling). Sie soll helfen, aktuelle wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen, zumal in westlichen Ökonomien. Mehr noch, sie ist zu einem gesellschaftlichen „Imperativ“ (A. Reckwitz) geworden, der sich vom künstlerischen Feld gelöst hat: Ob in der Politik oder in der Wirtschaft, im Beruf oder in der Freizeit, alle sollen kreativ sein. Aber woher kommt diese Vorstellung und wie hat sie sich durchgesetzt?

Das geplante Projekt soll einen Beitrag zu einer Geschichte der Kreativität leisten, die bislang nur rudimentär besteht, zumal in wirtschafts- und kulturhistorischer Perspektive. Untersuchungsgegenstand ist das künstlerische Feld und damit der Ausgangspunkt der Kreativität. Den Roten Faden bildet das Urheberrecht, woran Wandel und Kontinuität des Kreativen nachgezeichnet werden sollen. Derlei Rechte lassen sich bis heute als Teil einer Kreativitätspolitik begreifen: Die damit verbundenen Aushandlungsprozesse legen nicht nur bestimmte Konstruktionen des Kreativen offen. Sie determinieren zudem die Ausgestaltung von Kreativitätspraktiken, also den konkreten Handlungen und Entscheidungen, die schöpferische Personen oder mit ihnen verbundene Akteure tätigten.

Konkretes Ziel des Projektes ist es, den Zusammenhang von Kreativität und Urheberrechten von 1950 bis 1980 zu untersuchen. Einbezogen in die Untersuchung werden dabei vier Felder, in denen sich diese Zusammenhang beobachten lässt: (1) die politisch-juristischen Debatten und Reformen des Urheberrechts, (2) Prozesse innerhalb von Kreativbranchen und -unternehmen, (3) Gerichtsfälle und -verhandlungen sowie schließlich (4) die Selbstwahrnehmungen schöpferisch tätiger Akteure, also Künstler oder Autorinnen.

Das Projekt fokussiert dabei zum einen auf die Bundesrepublik Deutschland und die USA, da beide über ein jeweils anderes Urheberrechtsregime verfügten und im Betrachtungszeitraum wichtige Reformen durchführten. Zum anderen stehen mit der Film- und Buchwirtschaft zwei Branchen im Mittelpunkt, die einen breiten Einblick in das Phänomen Kreativität bieten, da sich der schöpferische Prozess der zugrunde liegenden Werke jeweils ganz anders ausgestaltete.