Immobilienwirtschaft: Nachhaltige Gebäude im Kommen

Deutsche Immobilienprofis erwärmen sich für Nachhaltigkeit: Zwei von drei Branchenexperten bewerten dieses Leitbild für ihre Arbeit mittlerweile als „wichtig“ oder „sehr wichtig“. Das geht aus einer Anfang September veröffentlichten Umfrage der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) hervor, einem international tätigen Berufsverband von Immobilienfachleuten mit Hauptsitz in London. Eine „steigende Nachfrage nach neuen Nachhaltigkeitskonzepten“ für Immobilien bescheinigt auch Holger Busch, Branchenmanager Immobilien beim TÜV SÜD. Die Münchener Dienstleitungsgruppe will Anfang Oktober ein eigenes Zertifizierungssystem für „grüne“ Gebäude vorstellen.

Das neue Nachhaltigkeitszertifikat SCoRE (Sustainability Certification of Real Estate) soll Bauherren und Investoren bei der Nachhaltigkeitsanalyse von bereits errichteten Büro- und Verwaltungsgebäuden unterstützen und bewertet das Nachhaltigkeitsniveau dieser Immobilen dazu anhand von rund 90 Kriterien. Geprüft wird unter anderem die Energieeffizienz der Gebäudetechnik. Die Zertifizierung soll Verbesserungsmöglichkeiten offen legen und Nachhaltigkeitsvergleiche mit anderen Immobilien ermöglichen. Details zu SCoRE will der TÜV SÜD auf Europas größter Gewerbeimmobilienmesse bekannt geben, der EXPO REAL 2009 vom 5. bis zum 7. Oktober in München.

Eine steigende Nachfrage nach „grünen“ Immobilien und Baukonzepten bescheinigt der Branche auch Martin Prösler, ‚Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), Stuttgart. „Gerade Investoren sehen den Mehrwert, den sie mit nachhaltigen Immobilien schaffen“, sagt Proesler. Bisher zertifizierte die vor zwei Jahren gegründete Gesellschaft lediglich das Nachhaltigkeitsniveau neu gebauter Büro- und Verwaltungsgebäude. Auf der EXPO REAL will die DGNB nun erstmals auch Zertifikate für neu errichtete Handels- und Industriebauten vergeben. Um das Zertifikat zu erhalten, müssen die Gebäude vorgegebene ökonomische, ökologische und soziale Zielwerte erreichen.

Doch trotz wachsenden Interesses aus der Branche stehen „grüne“ Gebäude in Deutschland und vielen anderen Ländern immer noch in der Nische. Nach Einschätzung des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) liegt das nicht zuletzt an mangelnden Kenntnissen in der Branche. So veranschlagten noch vor und zwei Jahren 1.400 vom WBCSD befragte Immobilienexperten die Material- und Baukosten für nachhaltige Gebäude um 17 Prozent höher als die für „Normalbauten“ anfallenden Kosten. Der finanzielle Mehraufwand betrage jedoch lediglich fünf Prozent, so der WBCSD. Und dank eines geringeren Ressourcenverbrauchs amortisierten sich diese Mehrkosten zumeist in wenigen Jahren.

Die Chancen für nachhaltige Immobilien seien „weitaus größer als wahrgenommen“, urteilt auch der Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE). Die deutsche Bauwirtschaft könne mit nachhaltigen Angeboten bis zum Jahr 2030 Umsätze in Höhe von 150 bis 340 Milliarden Euro erzielen, schreiben die Berater der Bundesregierung in ihrem im Oktober 2008 veröffentlichten Positionspapier zur Klima- und Energiepolitik. „Zahlreiche Hemmnisse“ blockierten diese Umsatzchancen aber noch, so der RNE. Über neue Nachhaltigkeitsmodelle für die öffentliche Hand will der Rat auf seiner 9. Jahreskonferenz am 23. November in Berlin diskutieren.

(Quelle, Rat für Nachhaltige Entwicklung: nachhaltigkeitsrat-news)