Forscher: Geoengineering taugt nur als letztes Mittel

Taugen Sonnenlicht reflektierende Gebäudedächer zum Klimaschutz? Kann im Ozean gelöstes Eisen das Wachstum von CO2-bindenden Algen beschleunigen? Wissenschaftler versuchen herauszufinden, ob die Menschheit mit solchen technischen Eingriffen, genannt Geoengineering, die Erderwärmung bremsen kann. Die königlich-britische Wissenschaftsakademie hat jetzt die Chancen und Risiken dieser Techniken untersucht und warnt vor „potenziell gefährlichen“ Folgen. Allerdings: Um einen „Plan B“ für den schlimmsten Fall in der Hand zu haben, sollte das Geoengineering nach Ansicht der Royal Society weiter erforscht werden. Einige Ideen klängen zumindest vielversprechend.

Dazu zählen die britischen Forscher um den Physiker John Shepherd zum Beispiel Methoden zum Abscheiden des Klimagases Kohlendioxid aus der Luft. Möglich wird das durch Verwendung bestimmter Chemikalien oder Stoffe, die CO2 binden können, etwa alkalische Lösungen. Die Industrie nutze entsprechende Prozesse bereits für andere Zwecke, schreiben die Wissenschaftler. Bislang seien die Kosten für einen Einsatz im Großmaßstab zwar noch zu hoch. Sie seien jedoch grundsätzlich machbar und die von der Royal Society „bevorzugte Methode“, da sie unmittelbar CO2 binde und damit das Problem steigender Emissionen an der Wurzel packe.

Untersucht haben die Forscher auch die sogenannte Meeresdüngung. Dabei werden kleine Eisenpartikel im Oberflächenwasser der Ozeane ausgebracht, um das Algenwachstum zu beschleunigen. Mehr Algen, so die Hoffnung, könnten größere CO2-Mengen binden. Wissenschaftler des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung haben diesen Ansatz im Frühjahr während einer Forschungsreise im Südatlantik getestet. Ihr Fazit: Mit der Eisendüngung ließen sich zumindest in dieser Region keine „bedeutende Mengen CO2“ aus der Atmosphäre ziehen. Auch die Royal Society schreibt, die Effektivität der Meeresdüngung sei noch nicht nachgewiesen und warnt vor einem „großen Potenzial für unerwünschte ökologische Nebenwirkungen“.

Wissenschaftler diskutieren daneben Geoengineering-Methoden, mit denen das Sonnenlicht von der Erde weggelenkt wird, sogenannte Solar Radiation Management-Techniken (SRM). Diese Ansätze machen sich die Albedo zunutze, also die Fähigkeit einer Oberfläche, einen Teil der einfallenden Sonnenstrahlung zu reflektieren. Der britische Berufsverband der Maschinenbau-Ingenieure hat diesen Effekt für eine Ende August erschienene Geoengineering-Studie untersucht. Die Ingenieure der Institution of Mechanical Engineers (IMechE) schlagen vor, Hausdächer in Städten großflächig mit Sonnenlicht reflektierenden Materialien zu decken, um so die in Städten gewöhnlich höheren Temperaturen zu senken. So könnte auch der Energieaufwand für Klimaanlagen gesenkt werden.

Die Forscher der Royal Society halten SRM-Techniken dagegen für die schwächsten Ansätze zum Klimaschutz. Sie seien nicht nur ineffektiv und kostspielig, sie brächten auch neue Risiken für regionale Wetterlagen mit sich. Sonnenlicht reflektierende Dächer ließen zwar rasch die Temperaturen sinken, aber, so die Wissenschaftler, nicht die CO2-Emissionen. Daher eigneten sie sich nur als Notlösung, wenn die Erde unmittelbar abgekühlt werden müsste.

Geoengineering sei keine „Wunderwaffe“ bilanziert, John Shepherd von der Royal Society. „Sie sind der Preis, den wir zahlen müssen, wenn wir im Kampf gegen den Klimawandel versagen“. Dem Physiker zufolge ziehen alle von der Akademie untersuchten Techniken neue Risiken nach sich. Geoengineering tauge daher höchstens als „Plan B“. Ungleich wichtiger sei es, „jetzt die CO2-Emissionen zu senken“. Wolle man sich den Plan B für die Zukunft offen halten, müsse aber noch sehr viel mehr geforscht werden. Andernfalls könne das Geoengineering „ebenso katastrophale Folgen wie der Klimawandel selbst“ nach sich ziehen, sagt Shepherd.

(Quelle, Rat für Nachhaltige Entwicklung: nachhaltigkeitsrat-news)