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Das Forschungsprojekt Wood Supply 4.0 ist in mehrere auf einander aufbauende Arbeitspakete unterteilt, die jeweils von einem der Projektpartner geleitet werden und an denen mehrere Partner inhaltlich beteiligt sind.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die vorgesehenen Arbeitspakete; ein Klick auf die Nummer oder den Titel führt direkt zur Beschreibung des Arbeitspakets. Zur Bezeichnung der Projektpartner in der Tabelle werden die folgenden Akronyme verwendet:
- Universität Göttingen, Abteilung Arbeitswissenschaft und Verfahrenstechnologie – Gö-AV
- Wald und Holz NRW, Forstliches Bildungszentrum für Waldarbeit und Forsttechnik – FBZ
- Universität Freiburg, Professur für Forst- und Umweltpolitik – Fr-FU
- Universität Göttingen, Abteilung Forstökonomie und nachhaltige Landnutzungsplanung – Gö-FnL
Arbeitspaket | Titel | Verantwortlicher Partner | Beteiligte Partner | Teilprojekt |
---|---|---|---|---|
AP 1 | Analyse der Ist-Situation der Forst-Holz-Bereitstellungskette | Fr‑FU | Gö‑AV; Gö‑FnL | TP 2 |
AP 2 | Identifikation nutzenstiftender Anwendungen | Gö-AV | Gö‑FnL; Fr‑FU | TP 1 |
AP 3 | Fallstudien zur beispielhaften Analyse und Validierung des Nutzens | FBZ | Gö‑AV; Fr‑FU | TP 4 |
AP 4 | Entwicklung einer Bewertungsmethodik für Industrie-4.0-Anwendungen | Gö‑FnL | Gö‑AV; FBZ | TP 3 |
AP 5 | Experimentierraum zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle | Gö‑AV | Gö‑FnL; Fr‑FU | TP 1 |
AP 6 | Differenzierte Bewertung der Industrie-4.0-Anwendungen und Geschäftsmodelle | Gö‑AV | Gö‑FnL; Fr‑FU | TP 1 |
Arbeitspaket 1: Analyse der Ist-Situation der Forst-Holz-Bereitstellungskette
Entscheidend für einen nutzenorientierten Ansatz zur Identifikation von Potenzialen aus Industrie 4.0 ist ein klares Verständnis der Ist-Situation in maßgeblichen Wald-Holz-Bereitstellungsketten Deutschlands von der Holzernte im Wald bis zur Anlieferung des Holzes in der verarbeitenden Holzindustrie. Dazu werden gängige Forst-Holz-Bereitstellungsketten in Deutschland identifiziert und drei bis fünf maßgebliche Bereitstellungsketten hinsichtlich ihrer Wertschöpfungsprozesse und Informationsnetzwerke innerhalb von dann auszuwählenden Fallstudien auf Betriebsebene analysiert. Zu diesem Zweck wird ein Fokus auf die Schwachstellen und Potenziale in den Wertschöpfungsprozessen der Ketten gelegt und mit Hilfe einer Wertstrom- und Informationsbedarfsanalyse untersucht und durch die Analyse von Kundenwünschen und politischen Trends komplementiert.
- Die Wertstromanalyse untersucht anhand von Interviews mit den Prozessbeteiligten operative Schwächen sowie Schwachstellen und Potenziale entlang der Wertschöpfungskette. Besondere Aufmerksamkeit wird in der Analyse auch auf das Risikomanagement gelegt. Die Erkenntnisse hieraus werden über Impulsvorträge den im Folgenden beschriebenen Thinktanks (AP 2) zur Diskussion zur Verfügung gestellt.
- Informationsbedarfsanalyse: Informationen werden in Netzwerken ausgetauscht. Daher werden in dieser Informationsbedarfsanalyse Akteursnetzwerke der Forst-Holz-Bereitstellungskette untersucht. Die Netzwerkanalyse gibt Aufschluss über die Beziehungen zwischen den Akteuren, relevante Informationen sowie den Austausch von Informationen und die Faktoren, die den Austausch von Informationen fördern oder behindern. Geeignete Methode hierfür ist die soziale Netzwerkanalyse, die mit Hilfe von Interviews der an der Bereitstellungskette beteiligten Akteure durchgeführt wird und Aufschluss über Stärken und Schwächen von Informationsnetzwerken geben können (technische, ökonomische, politische). Die Ergebnisse der Netzwerkanalyse sind in Form von einer digitalen Karte verfügbar und werden sowohl dem Thinktank als auch den beteiligten Akteuren zugängig gemacht. Die beteiligten Akteure können ihre Position im Netzwerk prüfen, kommentieren und damit zu einer weiteren Detaillierung und Erklärung des Informationsaustauschs und -bedarfs beitragen.
- Kundenwünsche und Trends: Es werden Akteursbefragungen mit Zwischen- und Endkunden der Forst-Holz-Bereitstellungskette durchgeführt, um die heutigen und zukünftigen Anforderungen der holzverarbeitenden Industrie an den Prozess der Holzbereitstellung zu spiegeln. Diese Befragungen werden online durchgeführt aber auch durch Befragungen (z.B. bei Messen mit entsprechendem Publikum) komplementiert. Des Weiteren erfolgt eine Umfeldanalyse der politischen Rahmenbedingungen. Hierzu wird sowohl eine Analyse der aktuellen zum Thema Industrie 4.0 und Ressourcennutzung bestehenden deutschen, sub-nationalen und europäischen Politiken durchgeführt. Zu diesen Politiken gehören u.a. Nachhaltigkeitsstrategien und die Bioökonomiestrategie. Neben den öffentlichen Politiken werden auch Programme zentraler politischer Akteure aus dem Forst- und Holzsektor bzgl. Anforderungen und Trends für Industrie 4.0 untersucht, z.B. der Forsttechnologieplattform. Die gewonnenen Erkenntnisse werden ebenfalls in Form von Impulsvorträgen den Thinktanks und auch im Experimentierraum (AP 5) einleitend zur Verfügung gestellt und bieten die Basis für die dort stattfindenden Diskussionen.
Arbeitspaket 2: Identifikation nutzenstiftender Anwendungen
Die Potenziale von Industrie-4.0-Anwendungen liegen branchenunabhängig in:
(1) der operationalen Verbesserung der Wertschöpfungsprozesse
(2) der Geschäftsmodellerweiterung in der Forst-Holz-Bereitstellungskette (digitale Veredelung)
Experten und Verantwortliche aus der Praxis der Forst- und Holzwirtschaft sollen über Interviews und Workshops zusammengebracht werden, um innerhalb von Thinktanks geeignete Anwendungen,
mit denen diese Potenziale realisiert werden können, zu identifizieren. Zusätzlich soll mit Hilfe von branchenfremden Industrie-4.0-Experten ein Blick über die bisherigen Branchengrenzen hinaus auf
aktuelle technologische Entwicklungen geworfen werden.
Operationale Verbesserung der Wertschöpfungsprozesse
Welche Industrie-4.0-Anwendungen können dabei helfen, die gegenwärtigen operationalen Schwachstellen in den Wertschöpfungsprozessen innerhalb der Forst-Holz-Bereitstellungskette zu beheben? Um diese Frage zu beantworten, sollen im Zuge dieses Forschungsprojekts sowohl mit Industrie-4.0-Experten aus anderen Branchen wie auch mit Experten der Forstwirtschaft (Precision Forestry) Thinktanks (Fokusgruppen) durchgeführt werden. Die durch Wertstromanalyse und Informationsbedarfsanalyse transparent gemachten Schwachstellen bei der Holzbereitstellung bieten hierbei eine Basis und Struktur anhand derer nutzenstiftende Industrie-4.0-Anwendungen identifiziert werden (Innovation Hot Spots). Diese können sowohl ökonomischen (z.B. Rationalisierungsgewinne) als auch ökologischen (z.B. Beachtung ökologischer, standörtlicher, artenschutzrechtlicher Restriktionen) sowie gesellschaftlichen Nutzen (z.B. transparente Bewirtschaftung, geringere Beeinträchtigung der Sozialfunktionen) haben. Mit Hilfe der Wertstromanalyse sollen die verbesserten Prozesse modelliert werden. So kann zusätzlich festgestellt werden, wo genau im Wertstrom der Nutzen generiert wird und Kosten entstehen. Gerade bei auf zunehmende Vernetzung ausgelegten Industrie-4.0-Anwendungen kann es vorkommen, dass der Nutzen nicht dort in den Wertschöpfungsprozessen entsteht, wo er Kosten für Stakeholder verursacht. Innerhalb der skizzierten Wertschöpfungskette sollen mögliche Ungleichgewichte zwischen Kosten und Nutzen bei Akteuren des Holzbereitstellungsprozesses identifiziert werden. Wird deutlich, dass eine Industrie-4.0-Anwendung nur einseitigen Nutzen generiert, muss ein (Allokations-)Mechanismus entwickelt werden, der sicherstellt, dass anderen Stakeholdern hierdurch keine Nachteile entstehen oder diese über einen finanziellen Ausgleich an dem durch die Industrie-4.0-Anwendung generierten Nutzen beteiligt werden. Mit dem Prinzipal-Agent-Ansatz steht ein theoretisches ökonomisches Modell zur Analyse solcher Prozesse zur Verfügung (Kajüter 2015, Kersten et al. 2017). Die gewonnenen Informationen sollen in AP 4 in die Bewertung einfließen.
Geschäftsmodellerweiterung in der Forst-Holz-Bereitstellungskette
Wie kann über eine Erweiterung oder Optimierung des bestehenden Wertschöpfungsprozesses zusätzlicher Nutzen für die Endkunden geschaffen werden? Mit Blick auf die Schwachstellen in den Wertschöpfungsprozessen und im Informationsfluss sowie die aktuellen und zukünftigen Kundenwünsche (Impulsvorträge aus AP 1) gilt es im Diskurs mit den Kunden aus der Holzindustrie und den Forstbetrieben eine strategische Perspektive einzunehmen. Dabei soll insbesondere erörtert werden, welcher zusätzliche Nutzen für den Kunden über neue digitale Lösungen wie zusätzliche Services (z.B. echtzeitnahe Polterverwaltung) generiert werden kann. Es geht dabei nicht nur um die Frage, wie Wertschöpfungsprozesse hierfür neu modelliert werden müssen. Vielmehr steht der Mehrwert für den Kunden wie auch die Ertragsmechanik (neue Abrechnungsmodelle) im Vordergrund. Die Analyse der Wertschöpfungsprozesse wird hierfür durch die systematische Analyse der aktuellen Geschäftsmodelle unterstützt. Im Rahmen eines Business Model Canvas (basierend auf Osterwalder und Pigneur 2014) sollen die wesentlichen Schlüsselfaktoren heutiger Businessmodelle untersucht, und im Rahmen eines Impulsvortrages vorgestellt und diskutiert werden. Dazu gehören die Elemente: Schlüssel-Partner, Schlüssel-Versprechen, Nutzen-Versprechen, Kunden-Beziehungen, Kunden-Art, Schlüssel-Ressourcen, Vertriebs- und Kommunikationskanäle, Kosten, Einnahmequellen. Aufbauend auf Methoden der modernen Entrepreneur- und Innovationsforschung soll die Illustration helfen, unternehmerische Gelegenheiten der Digitalisierung zu erkennen und konkrete Ansätze zur Umsetzung zu identifizieren. Dieser Prozess soll einerseits die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten des Vorhabens erhöhen, aber auch die Entwicklung neuer partizipativer Analysemethoden für die forstökonomische (insbesondere betriebswirtschaftliche) Forschung ermöglichen.
Arbeitspaket 3: Fallstudien zur beispielhaften Analyse und Validierung des Nutzens
Sind die nutzenstiftenden Industrie-4.0-Anwendungen für die Holzbereitstellung beschrieben, so gilt es, ausgewählte Anwendungsbeispiele zu testen. Dies soll in Form von zwei Fallstudien in Zusammenarbeit mit dem Forstlichen Bildungszentrum für Waldarbeit und Forsttechnik in Arnsberg, Nordrhein-Westfalen, als Träger des Kompetenzzentrums Wald und Holz 4.0 erfolgen, die gemeinsam mit weiteren Projektpartnern in einer Testbetriebsumgebung zur Holzbereitstellung durchgeführt werden. Folgende Schritte sind geplant:
- Auswahl im verfügbaren Zeitrahmen umsetzbarer und vielversprechender Industrie-4.0-Anwendungen
- Initiale ganzheitliche Bewertung der Anwendungen basierend auf Erkenntnissen aus AP 4
- Akteurszentrierte Erhebung und Analyse von persönlichen Hemmschwellen und Widerständen der Projektpartner
- Erfassung institutioneller Restriktionen zur Abschätzung von Grenzen der Vernetzung durch gefestigte Strukturen und Prozesse von Institutionen (Organisationen, Firmen)
- Identifizierung von Pfadabhängigkeiten, die zu Restriktionen von Industrie 4.0 führen
- Gegebenenfalls Test der Anwendungen im Testbed des virtuellen Waldes
- Umsetzung beispielhafter Anwendungen gemeinsam mit Projektpartnern
- Evaluation des Implementierungsprozesses
Mit Hilfe der Fallstudien soll geprüft werden, ob die Erwartungen aus der initialen Bewertung der Anwendungsbeispiele erfüllt und damit die Bewertungsmethodik bestätigt werden kann. Es soll zudem aufgezeigt werden, welche praktischen Hürden und emotionalen Widerstände bei der Implementierung von neuen digitalen Lösungen in der Holzbereitstellungskette entstehen können und wie mit diesen umgegangen werden kann. Dazu werden persönliche Interviews mit Akteuren der Bereitstellungskette durchgeführt. Deren Ergebnisse werden in AP 6 eingespeist.
Die Auswahl der Fallstudien von beispielhaften Industrie-4.0-Anwendungen kann erst erfolgen, wenn die ersten Schritte des Forschungsprojekts umgesetzt und Industrie-4.0-Anwendungen für die Forst-Holz-Bereitstellungskette ergebnisoffen und nutzenorientiert identifiziert wurden. Der Einsatz von Drohnentechnologie zur Früherkennung von Borkenkäferkalamitäten, welche an der FH Rottenburg im Projekt ProtectForest erforscht wird, kann ein mögliches Anwendungsbeispiel sein, welches sich sehr gut für die Erprobung im Zuge einer Fallstudie eignen könnte und in enger Verzahnung durch dieses Projekt begleitet werden könnte.
Arbeitspaket 4: Entwicklung einer Bewertungsmethodik für Industrie-4.0-Anwendungen
Ziel dieses Arbeitspaketes ist die Entwicklung einer belastbaren Methodik zur ganzheitlichen Bewertung der Industrie 4.0 Anwendungen.
Dabei stehen die Bewertung des finanziellen wie auch des nicht-finanziellen Nutzens sowie die Bewertung der Machbarkeit der einzelnen Anwendungen im Fokus.
Mit dem Blick auf diese Themenfelder werden Bewertungskriterien entwickelt, die schließlich in einem ganzheitlichen System zusammengefasst werden.
Bei der Entwicklung der Bewertungsmethodik soll auf wissenschaftlich erprobte und in der Praxis anwendbare Methoden zurückgegriffen werden:
Eine um einen Analytical Hierarchy Process erweiterte Nutzwertanalyse soll zur Beurteilung von nicht-finanziellen Bewertungskriterien, wie dem ökologischen und gesellschaftlichen Nutzen sowie der Machbarkeit der Implementierung von Industrie-4.0-Anwendungen, herangezogen werden.
Der finanzielle Nutzen der Industrie 4.0 Anwendungen wird mit Hilfe der Investitionsrechnung und ggf. der Bilanzanalyse ermittelt. Die Unsicherheiten erwarteter zukünftiger Kosten und Erlöse werden hierbei ergänzt, sodass die Haupteinflussfaktoren für den betriebswirtschaftlichen Erfolg einer digitalen Investition oder Veränderung identifiziert werden können.
Als dritter ökonomischer Aspekt sollen die Konsequenzen einer erhöhten Datenermittlung für das Verhalten beteiligter Unternehmen der Wertschöpfungskette untersucht werden. Mithilfe institutionenökonomischer Ansätze sollen die Auswirkungen der Digitalisierung, wie zum Beispiel eine erhöhte Informationstransparenz zwischen den Akteuren, systematisch analysiert und in das Bewertungssystem mit einbezogen werden. Anschließend werden die Ergebnisse der Bewertung in einer erweiterten Kostenwirksamkeitsanalyse aggregiert. Ist die Bewertungsmethodik für dieses Forschungsvorhaben entwickelt, soll sie im Zuge der Fallstudie an der Realität getestet werden.
Arbeitspaket 5: Experimentierraum zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle
Die jüngsten Entwicklungen in Industrie 4.0 haben gezeigt, dass durch Digitalisierung und intelligente Vernetzung völlig neue Geschäftsmodelle entstehen können, die bisherige Wertschöpfungsketten disruptiv verändert haben. Dies hat bereits verschiedene Branchen in ihrer Struktur erschüttert (z.B. Uber Taxis oder Airbnb). In einem freien kreativen Raum wird der Austausch zwischen Experten und Verantwortlichen aus der Praxis gefördert, um Möglichkeiten disruptiver Geschäftsmodelle im Bereich der Holzbereitstellung anzuvisieren.
Um neue ganzheitliche Wertschöpfungsketten zu modellieren und neue disruptive Geschäftsmodelle zu testen, soll im Zuge dieses Forschungsprojektes ein Experimentierraum geschaffen werden. In diesem Raum sollen innovationsaffine Akteure der Forst-Holzbereitstellungskette unter Berücksichtigung von Industrie-4.0-Technologien die Bereitstellungskette modellhaft neu erfinden. Diese Akteure werden von der Abteilung Arbeitswissenschaft und Verfahrenstechnologie der Universität Göttingen akquiriert. Ein bereits vorhandenes enges deutschlandweites Netzwerk der Abteilung mit Industrie-4.0-affinen Akteuren aus Wissenschaft und Praxis ist die Basis hierfür. Ergänzt werden kann diese Akteursgruppe durch andere innovationsaffine Akteure aus dem Ausland oder Forststudenten der deutschen Universitäten und Hochschulen, die unbeeinflusst vom bestehenden deutschen Modell dabei helfen, frei von etablierten Strukturen eine ideale Forst-Holz-Bereitstellungskette zu konzipieren. Kernfrage muss hierbei sein: Wie kann eine digitale Forst-Holz-Bereitstellungskette aussehen, die den gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist?
Der Experimentierraum soll einen örtlich, zeitlich und hinsichtlich des Kreises der Experimentteilnehmenden klar abgegrenzten Rahmen bieten. Innerhalb des Experimentierraumes sollen den Teilnehmenden bei der Ideenentwicklung keine Grenzen gesetzt werden. Das bedeutet insbesondere auch, dass alle beteiligten Akteure, anders als in der Realität, Zugang zu einem umfassenden Daten- und Informationspool haben, um Innovationsmöglichkeiten unabhängig von Datenverfügbarkeitsrestriktionen und Problemen der Inter-Akteurs-Kommunikation entwickeln zu können. Zudem müssen alle Beteiligten ergebnissoffen sein und dazu die möglicherweise in ihren Köpfen tief verwurzelte Branchenlogik aufgeben. Hierbei können spezielle Managementtechniken wie der St. Galler Business Model Navigator als Erweiterung zum Business Model Canvas helfen (vgl. Gassmann et al. 2013). Basierend auf 55 Mustern kann hiermit geprüft werden, welche Geschäftsmodelle aus anderen Branchen sich mit Hilfe von Industrie 4.0 erfolgreich auf die Holzbereitstellung anwenden lassen. Damit bietet der Experimentierraum den Beteiligten die Möglichkeit, außerhalb des sonst üblichen Rahmens disruptive, in Form von praktischen Fallstudien nicht zu testende ganzheitliche Modelle einer neuen, digitalen Forst-Holz-Bereitstellungkette zu entwickeln, zu verstehen und zu bewerten.
Angedacht ist, den Experimentierraum initial im Zuge des Forschungsprojekts durchzuführen und dann zyklisch, z.B. alle 3–4 Jahre zu wiederholen (zum Beispiel durch das Kompetenzzentrum für Wald und Holz der FNR oder das Kompetenzzentrum Wald und Holz 4.0 in NRW), um als dynamischer Impulsgeber für die Forst- und Holzwirtschaft zu fungieren. Dadurch könnte jeweils ein Innovationsprozess innerhalb der Forst-Holz-Bereitstellungskette zuerst angestoßen und insgesamt verstetigt werden, bei dem alle relevanten Stakeholder eingebunden sind. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass in zeitlichem Abstand mit Blick auf neueste technische, ökonomische, gesellschaftliche und ökologische Entwicklungen immer wieder neu über Geschäftsmodelle und die Zukunft der Holzbereitstellung nachgedacht wird.
Arbeitspaket 6: Differenzierte Bewertung der Industrie-4.0-Anwendungen und Geschäftsmodelle
Basierend auf der in AP 4 entwickelten belastbaren Methodik zur ganzheitlichen Bewertung von Industrie-4.0-Anwendungen für die Holzbereitstellung, können zum Abschluss des Forschungsvorhabens alle in den Thinktanks identifizierten nutzenstiftenden Industrie-4.0-Anwendungen sowie die im Experimentierraum entwickelten disruptiven Geschäftsmodellszenarien bewertet werden. Dabei sollen ihre Machbarkeit, zeitliche Realisierbarkeit und ihr Nutzen für die Holzbereitstellung analysiert werden.
Bei der Bewertung der Machbarkeit liegt der Fokus darauf zu ergründen, wie wahrscheinlich sich eine Anwendung in der Praxis durchsetzen kann. Dabei ist die akteurszentrierte Erhebung möglicher Widerstände interner Stakeholder ein entscheidender Erfolgsfaktor. Dazu werden die Ergebnisse aus AP 3 eingebracht. Die Einführung von neuen digitalen Lösungen geht mit einem Veränderungsprozess einher, der untrennbar mit rational oder emotional begründeten Widerständen verbunden ist. Nicht jeder Akteur entlang der Bereitstellungskette wird bereit sein das jeweils Nötige zur Umsetzung einer bestimmten Industrie-4.0-Anwendung beizutragen. Widerstände wie auch Bedenken gilt es für jede einzelne Industrie-4.0-Anwendung unter Nutzung bewährter Change-Management-Methoden zu identifizieren, zu analysieren und mit Blick auf deren Bedeutung für den Veränderungserfolg zu bewerten. Weitere Bewertungskriterien der Machbarkeit sind die technische Machbarkeit, das bestehende Know-how der Akteure sowie die Implementierungskosten der einzelnen Industrie-4.0-Anwendungen. Die zeitliche Realisierbarkeit spielt an dieser Stelle ebenfalls eine Rolle. Industrie-4.0-Anwendungen, die mit großen Eingriffen in bestehende Strukturen und Prozesse verbunden sind oder gar bestehende Geschäftsmodelle ablösen sollen, sind langfristig zu planen und mit großem Aufwand verbunden. Dadurch steigen die Implementierungsrisiken wie auch die Kosten erheblich.
Der potenzielle Nutzen soll ganzheitlich mit Blick auf ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Dimensionen bewertet werden. Der ökonomische Nutzen soll hierbei möglichst quantitativ, der ökologische und gesellschaftliche Nutzen soll qualitativ anhand geeigneter Kriterien ermittelt werden. Die ganzheitliche Bewertung des Nutzens muss ebenfalls unter Einbindung aller direkt in die Holzbereitstellung eingebundenen Akteure erfolgen, um den Nutzen der Industrie-4.0-Anwendungen für die Holzbereitstellung als Ganzes bewerten zu können. Dabei gilt es, insbesondere den ökonomischen Nutzen akteursspezifisch zu bestimmen, um evtl. Nutzenverschiebungen durch neue Industrie-4.0-Anwendungen aufzeigen zu können. Letztlich soll bei der Bewertung der Industrie-4.0-Anwendung aber der Nutzen für die Gesamtkette Holzbereitstellung im Vordergrund der ganzheitlichen Bewertung stehen.
Die folgende Grafik illustriert, wie die einzelnen Methoden und Arbeitspakete in Zusammenhang stehen: