Werk | Prozesse.
Italienische Zeichnungen des 15. bis 18. Jahrhunderts in der Kunstsammlung der Universität Göttingen. Neue Methoden zur Erforschung eines unbekannten Bestandes


Leitung: Dr. Isabella Augart, Dr. Anne-Katrin Sors, Prof. Dr. Michael Thimann

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Dringend sind die Fragen, wie der universitäre Nachwuchs von Studierenden der Kunstgeschichte an die praktische Arbeit des Museums und des Kuratierens herangeführt werden kann. An der Universität Göttingen besteht seit ca. 5 Jahren ein Schwerpunkt „Curatorial Studies“ im Masterstudiengang Kunstgeschichte, der vor allem Arbeiten auf Papier gewidmet ist. Unser Ansatz ist dabei, Fragen aktueller Forschung mit den konkreten Objekten zu verbinden und so neue Narrative für Ausstellungen zu etablieren. Die Voraussetzungen dafür sind in Göttingen hervorragend, weil wir eine der ältesten und wichtigsten Universitätssammlungen in Europa besitzen: Die Universität Göttingen im Königreich Hannover wurde im Jahre 1737 als eine der führenden Institutionen der Aufklärung vom englischen König gegründet. 1770 erhielt sie eine bedeutende Schenkung von Kunstwerken aus der Sammlung des Frankfurter Patriziers Johann Friedrich von Uffenbach mit einem Bestand von etwa 2.500 Zeichnungen alter Meister und ca. 15.000 Blatt Druckgraphik. Unter den Handzeichnungen befanden sich auch etwa 100 italienische Blätter mit berühmten Namen von Botticelli über Rosso Fiorentino und Luca Cambiaso bis Benedetto Luti. Dieser Bestand an italienischen Meisterzeichnungen ist von der Forschung bisher kaum beachtet worden. Er dient aber als Ausgangspunkt unseres Projektes, mit dem wir neue Ansätze kuratorischer Praxis und kennerschaftlicher Methodik in den universitären Unterricht implementieren wollen. Uns geht es in dem Projekt um die Entwicklung neuer Ansätze für die Zeichnungsforschung, die basieren sollen auf einem Netzwerk des wissenschaftlichen Austauschs und einer engen Verzahnung der Erforschung von Materialität, Techniken, Restaurierung und kunstgeschichtlichen Fragen hinsichtlich Autorschaft, Ikonographie und künstlerischen Werkprozessen. Unser Ansatz ist dabei grundlegend pluralistisch, indem wir die ältere Konzeption von kennerschaftlicher Autorität durch kollektives Erarbeiten von taxonomischen Standards und kombinierten Untersuchungsmethoden für die Ausbildung von Kuratoren/innen an der Universität weiterentwickeln wollen.

Mit dem Set von ca. 100 italienischen Altmeisterzeichnungen aus unserer Sammlung wollen wir einen paradigmatischen Versuchsaufbau für die universitäre Ausbildung von Kuratoren schaffen. Wissenschaftlicher Diskurs und Austausch, die kollektive Arbeit an Problemen und das gemeinsame Entscheiden sollen in diesem Projekt geschult werden. Das Resultat wird eine Ausstellung mit einem wissenschaftlichen Katalog sein; die Erkenntnisse gehen zudem in die Datenbank des niedersächsischen Kulturbesitzes (kuniweb.gbv.de) ein.


  • Werk_Prozesse_Cover_KatalogIsabella Augart, Anne-Katrin Sors, Michael Thimann (Hg.)
    Werk | Prozesse. Italienische Handzeichnungen des 15. bis 18. Jahrhunderts in der Kunstsammlung der Universität Göttingen
    Göttingen 2023
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Abbildungen:
Ferraù Fenzoni: Grablegung Christi / Lorenzo di Credi: Studien von drei Greisenköpfen / Benedetto Luti: Kain erschlägt Abel, Kunstsammlung der Georg-August-Universität Göttingen