Forschungsschwerpunkte

    Regionales Forschungsgebiet:
    Indopazifik (v.a. SO-Asien mit Schwerpunkt Indonesien, Kambodscha; Melanesien; z.T. euro-amerikanische Gesellschaften

    Thematische Forschungsschwerpunkte:
    Staatsbildung (v.a. in Südostasien); Ethnologie des Raumes und der Ritualbeziehungen; kulturelles Erbe, Indigenität, gender.

    A) Laufende Forschungsvorhaben:
    1) Der Staatstempel von Batur: Studien zur rituellen Organisation des Staates in Bali (Auswertung der Langzeitfeldforschung zwischen 2000 und 2012 [mit einer kurzen re-study in 2019])
    2) Zwischen Wissenschaft und politischem Aktivismus: Untersuchung zu den Methoden post-kolonialer Säuberungsaktivitäten in der Museumslandschaft

    B) Abgeschlossene Forschungsprojekte:
    Im Rahmen der DFG-Forschergruppe „Die Konstituierung von Cultural Property: Akteure, Diskurse, Kontexte, Regeln“ (2011-2016)

    1) Prozesse der Konstituierung eines "Weltkulturerbes" und dessen Bedeutung am Beispiel Angkors (Kambodscha) (Laufzeit 2008-2011; Projektleitung: B. Hauser-Schäublin. Wissenschaftliche Mitarbeiter*innen: Sina Emde, Keiko Miura, Aditya Eggert)

    Das Forschungsprojekt hat sich insgesamt mit sozialen, kulturellen, ökonomischen und politischen Prozessen befasst, die im Zusammenhang mit der Ernennung eines materiellen oder immateriellen UNESCO-Weltkulturerbes in Kambodscha lokal stehen. Ein besonderes Augenmerk lag auf der lokalen Bevölkerung und den Auswirkungen, welche die Zonierung des Weltkulturerbes und die gesetzlichen Regelungen auf diese Gruppen hat
    Projektpublikation:
    Hauser-Schäublin, Brigitta (ed.) 2011: World Heritage Angkor and Beyond. Circumstances and Implications of UNESCO Listings in Cambodia. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 2. Göttingen: Universitätsverlag.http://www.univerlag.uni-goettingen.de/content/list.php?details=isbn-978-3-86395-032-3

    2) Transkulturelle Autorenschaft, Copyright und Film am Beispiel der Totenfeste der Toraja, Sulawesi, Indonesien (Laufzeit 2009-2011; Projektleitung: B. Hauser-Schäublin; Co-Leitung: Beate Engelbrecht. Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Karin Klenke).
    Fragstellung:
    1. Fragen von Autorenschaft und Copyright bezüglich filmischer Dokumente im Kontext der Transformationen kultureller Phänomene zu cultural property am Beispiel der Totenfeste der Toraja in Sulawesi (Indonesien) zu untersuchen. Aufgrund von Erfahrungen von Kollegen von Dr. Engelbrecht am Institut für den Wissenschaftlichen Film (IWF) und von Hinweisen in der Literatur (Yamashita 1994) auf Versuche von Toraja-Familien, die Filmrechte an Totenfesten zu verkaufen, war die Hypothese formuliert worden, dass sich die Totenfeste in einem Transformationsprozess zu cultural property befänden und als solches mit Eigentumsansprüchen verknüpft würden. Es stellte sich daher die Forschungsfrage, wie in Bezug auf die Totenfeste selbst als cultural property I sowie in Bezug auf ihre audiovisuelle Dokumentation als cultural property II Fragen von Autorenschaft, Autorität und Copyright ausgehandelt werden.
    2. Die Initiative der Toraja, Manifestationen ihres kulturellen Lebens als Welterbe durch die UNESCO zertifizieren zu lassen, zu erforschen. Folgende Fragen standen im Vordergrund: Wie handeln „die“ Toraja kulturelle Repräsentationen sowohl untereinander wie auch mit VertreterInnen der regionalen und zentralen Regierung und ggf. mit der UNESCO-Kommission aus?
    Projektpublikation:
    Vgl. Beiträge von Engelbrecht, Beate; Hauser-Schäublin, Brigitta und Klenke, Karin In: Bendix et al. 2010: Die Konstituierung von Cultural Property: Forschungsperspektiven. Göttinger Studien zu Cultural Property vol. 1. Göttingen: Universitätsverlag lhttps://www.univerlag.uni-goettingen.de/handle/3/isbn-978-3-941875-61-6 (sowie Einzelpublikationen der Autorinnen)
    Hauser-Schäublin, Brigitta und Beate Engelbrecht (2014): Trans-Cultural Authorship and Film-making. The Story of a Failed Cooperation Project. Unpublished

    3) Kulturelles Erbe zwischen Souveränität indigener Gruppen, Staat und internationalen Organisationen am Beispiel Indonesiens (Laufzeit 2011-2016. Projektleitung: B. Hauser-Schäublin. Mitarbeiter*innen: Fadjar Thufail, Serena Müller, Miriam Sanmukri; Senior Research Fellow: Francesca Merlan)

    Indigene Gruppen in Indonesien versuchen ihre Rechte, die Ihnen während des New Order-Regimes vorenthalten worden waren, wiederzuerlangen, indem sie sich auf ihre Kultur bzw. adat berufen. Die Orientierung an internationalen Vereinbarungen, vor allem an der United Nations Declaration On The Rights of Indigenous Peoples (2007) spielt dabei eine zentrale Rolle und hat zu einer Ermächtigung von „indigenen Gruppen“ geführt hat. Adat-Gemeinschaften in ganz Indonesien haben sich dazu zu einer Allianz zusammengeschlossen (AMAN, Allianz der adat-Gemeinschaften Indonesiens), die abgekoppelt von staatlichen Strukturen operiert, Gelder von internationalen Organisationen einwirbt und sich mit transnationalen Indigenitätsbewegungen vernetzt. Die Tatsache, als „indigene Gruppe“ mit einer ganz spezifischen kulturellen Ausstattung („kulturellem Erbe) versehen zu sein, vermittelt ihnen eine neue Handlungsfähigkeit. Das Projekt untersuchte Organisationspraxen von AMAN und ihre lokalen Mitgliedsgruppen an ausgewählten lokalen Beispielen.

    Projektpublikation:
    Hauser-Schäublin, Brigitta (ed.) 2013: Adat and Indigeneity in Indonesia. Culture and Entitlements between Heteronomy and Self-Ascription. Göttingen Studies in Cultural Property, vol. 7, Göttingen: Universitätsverlag http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?isbn-978-3-86395-132-0
    (u.a. mit Beiträgen der Projektmitarbeiter*innen S. Müller, M. H. Sanmukri, F. Thufail)


    4) Umstrittene Sammlungen. Divergierende Ansprüche auf Eigentum in Debatten und Verhandlungen 40 Jahre nach der Verabschiedung der UNESCO-Konvention über rechtswidrigen Kulturgütertransfer (Laufzeit: 2011-2016. Projektleitung: B. Hauser-Schäublin [ethnologischer Teil] und Peter-Tobias Stoll, Institut für Völkerrecht und Europarecht [juristischer Teil]. Projektmitarbeiter*innen: Anne Splettstößer, Keiko Miura, Sven Mißling, Alper Tasdelen, Kim Sophorn; Senior Research Fellow: Lyndel V. Prott)

    Für das interdisziplinäre Vorhaben in all seinen Verzweigungen war die Frage, wie die 1970-er UNESCO Konvention gegen den illegalen Handel mit Kulturgut national umgesetzt und von den betroffenen Institutionen angewandt wird, richtungsweisend. Das ethnologische Projekt hat sich schwerpunktmäßig mit den verschiedenen Akteursgruppen befasst, die sich um umstrittene Artefakten und Sammlungen versammeln. Es hat deren Sichtweisen und Handlungsstrategien untersucht (vor allem mittels teilnehmender Beobachtung in Museen und in Kamerun), Gespräche mit zentralen Einzelakteuren geführt und Dokumentenanalysen vorgenommen. Das Projekt war anfangs mit der Tatsache konfrontiert, dass ethnologische Museen in Deutschland nur bedingt bereit waren, sich auf die zentralen Forschungsfragen einzulassen, umso mehr als kaum offizielle Restitutionsgesuche vorlagen.
    Die wichtigsten Akteursgruppen waren 1) Museen und Museumskuratoren, Behörden (beispielsweise das Auswärtige Amt, das Landeskriminalamt in München, hohe Beamte in Ministerien); 2) Antragsteller und ihre Rückforderungen sowie deren soziales und politisches Umfeld (die Nachfahren von zwei Königshäusern in Kamerun, die von deutschen Museen Artefakten aus dem Besitz ihrer Vorfahren zurückverlangen, weil sie während der deutschen Kolonialzeit geplündert worden waren); 3) vermittelnde bzw. entscheidende Institutionen (UNESCO Intergovernmental Committee for Promoting the Return of Cultural Property to its Countries of Origin or Restitution in Case of Illicit Appropriation; LeiterInnen von UNESCO Field Offices, aber auch Gerichte).

    Projektpublikation
    Hauser-Schäublin, Brigitta and Lyndel V. Prott (eds.) 2017: Cultural Property and Contested Ownership. The Trafficking of Artefacts and the Quest for Restitution (co-edited with Lyndel V. Prott). London: Routledge.
    Splettstößer, Anne 2019: Umstrittene Sammlungen. Vom Umgang mit kolonialem Erbe aus Kamerun in ethnologischen Museen. Göttingen: Universitätsverlag. https://doi.org/10.17875/gup2019-1155

    Weitere abgeschlossene Projekte:
    DFG-Sonderforschungsbereich 990 "Ökologische und sozioökonomische Funktionen tropischer Tieflandregenwald-Transformationssysteme, Sumatra, Indonesien"

    Ethnologisches Teilprojekt: Culture-Specific Human Interaction with Tropical Lowland Rainforests in Transformation in Jambi, Sumatra (Laufzeit: 2012 – 2015; Projektleitung: B. Hauser-Schäublin; Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Stefanie Steinebach; Kooperationspartnerin: Dr. Rosyani, Universität Jambi)

    The drastic change of land use in Jambi Province - from a heavily forested region to an agroindustrial zone - has strongly affected local people (mainly Batin Sembilan in the Harapan region and Melayu-Jambi and Orang Rimba in the Bukit Duabelas region) and their livelihood systems. We realised that the rainforest transformation systems have a thorough impact on the culture of the local people since they have turned their formerly religiously imbued Lebenswelt into a mere material resource and means of production according to the demands of the global market.
    We have identified a number of factors responsible for this situation and, consequently, the marginalisation of rural local people:

    1) Most of local people's land had been appropriated by the state (until the seminal decision by the Constitution Court on May 15, 2013, though this decree has not yet been implemented; see Hauser-Schäublin and Steinebach 2013:6); the customary communities (masyarakat adat) were not recognised as full citizens and became dispossessed.
    Thus, land ownership and land rights have become a sensitive issue and land, a contested resource. Numerous land conflicts are one of the consequences of these developments (Steinebach 2013). Those who reclaimed their land were treated as illegal occupiers of the land held by plantation companies (Steinebach 2013).

    2) Today, almost 75 % of the 180,000 ha of land constituting the Harapan region consists of concessions granted to companies for oil palm plantations, timber production and a (contested) reforestation and conservation project, REKI (Restorasi, Ekosistem Indonesia) (Hein 2013; Hauser-Schäublin and Steinebach 2014:10-12). As a consequence, the competition for access to the remaining "free" land is becoming increasingly fierce.

    3) In the 1960s, the Indonesian government developed transmigration schemes which were publicised first and foremost as poverty-alleviating measures: Poor, landless families from overcrowded islands were transferred to what the state considered "uninhabited" land (mostly rainforests areas). However, these transmigrants were also used as pioneers who opened up forests for cultivation in co-operation with oil palm plantation companies.

    4) The booming cash crop agriculture has resulted in an uncontrolled influx of mostly poor farmers from other parts of the archipelago. They are all seeking access to land in order to participate in the economic profits which the lowland transformation system seems to promise. As a consequence, Jambi's original inhabitants have become a minority because 80 % of the population are migrants. Nevertheless, alliances between local communities and migrants in search for land challenge the implementation of plantations and governmental land policies.

    Forschungsprojekt des Ethnologischen Instituts und der Ethnologischen Sammlung:
    Im Kielwasser von James Cook. Eine Geschichte des Nordpazifiks in 44 Objekten (Laufzeit: 2011-2016; Projektleitung B. Hauser-Schäublin und G. Krüger. Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Gudrun Bucher
    Drittmittel: Private Spende; Ministerium für Wissenschaft und Kultur/VW-Stiftung; Ethnologische Sammlung der Universität Göttingen

    Die Ethnologische Sammlung der Universität Göttingen und das Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg verfügen über einzigartige und in manchen Fällen über die ältesten erhalten gebliebenen Gegenstände aus dem sogenannten Russisch Amerika, dem heutigen Alaska. Die Stücke gelangten noch vor der Zeit, als man begann, systematisch für völkerkundliche Museen zu sammeln, nach Göttingen bzw. Oldenburg. Sie stammen beispielsweise von der dritten Entdeckungsreise James Cooks oder der von Katharina der Großen in Auftrag gegebenen "Geographisch-Astronomischen Expedition in den nordöstlichen Teil von Russland" 1785-1793. Es handelt sich dabei teilweise um Dokumente, die von den lokalen Bevölkerungsgruppen noch vor dem Kontakt mit Europäern hergestellt worden waren.

    Projektpublikation:
    Bucher, Gudrun 2017 Die Entdeckung des Nordpazifiks. Eine Geschichte in 44 Objekten (Autorin: Gudrun Bucher). Darmstadt: Philipp von Zabern.
    Anhand von 44 gezielt aus diesen Sammlungen ausgewählten Objekten erzählt die Autorin die Geschichte der Nordpazifikregion. Der geographische Bogen reicht von Sibirien über Kamtschatka, Tschukotka und die Inselkette der Aleuten nach Alaska und weiter bis Hawaii. Der zeitliche Rahmen erstreckt sich von den ersten russischen Expeditionen um das Jahr 1725 über das Zeitalter der Entdeckungsreisen von James Cook bis in die 1840er Jahre als das Museum in Oldenburg seine Russisch- Amerika Sammlung erhielt.