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Geschichte der Christlichen Archäologie in Göttingen
Sabine Feist

An der Universität Göttingen wird die erste Lehrveranstaltung für Christliche Archäologie in der Philosophischen Fakultät gehalten. Oskar Hagen, Privatdozent der Kunstgeschichte, gibt im Winter-semester 1919/20 eine Übung zum Thema Altchristliche und byzantinische Kunst. Dabei handelt sich jedoch um ein einmaliges Angebot. Der kirchengeschichtliche Privatdozent Erik Peterson bietet im Wintersemester 1920/21 ebenso wie im Sommersemester 1924 in der Theologischen Fakultät eine Übung zur Einführung in die christliche Archäologie an. Im Lehrangebot etablieren kann sich die Christliche Archäologie in Göttingen erst ab dem Wintersemester 1930/31 mit Privatdozent Dr. Hans Freiherr von Campenhausen.1 Er wird im amtlichen Namensverzeichnis der Universität als Privatdozent der Theologischen Fakultät für den Bereich „Kirchengeschichte und Christliche Archäologie“ aufgeführt. Campenhausen hält drei Veranstaltungen, eine davon zum Thema Das Christusbild von den Anfängen bis zur Gegenwart.

Ab dem Sommersemester 1939 hält Dr. Alfons Maria Schneider Lehrveranstaltungen für Christliche Archäologie. Anders als sein Vorgänger ist er jedoch als Dozent in der Philosophischen Fakultät für den Bereich „Byzantinische und Frühislamische Architektur und Kunstgeschichte“ angestellt. Mit kurzen, kriegsbedingten Unterbrechungen lehrt er bis zum Sommersemester 1952 in Göttingen. Im März 1944 wird er zum außerplanmäßigen Professor ernannt.

Parallel zu Schneiders Lehrangebot hält ab dem Sommersemester 1946 Dr. Ernst Schäfer Veranstaltungen für die Christliche Archäologie in der Theologischen Fakultät. Eingestellt ist er dort für „Altchristliche Archäologie“ im Bereich „Historische Theologie“ zunächst als Lehrperson, die „Mit der Abhaltung von Vorlesungen beauftragt“ ist. Im Sommersemester 1953 erhält er eine außerplanmäßige Professur für „Christliche Archäologie und Kirchliche Kunst“. Seit dem Wintersemester 1964/65 hat er außerdem die erweiterte Lehrerlaubnis zur Byzantinischen Kunst. Schäfer hält bis 1971 christlich-archäologische Lehrveranstaltungen.

Schon ab dem Wintersemester 1962/63 wird das Fach zudem von Prof. Dr. Carl Andresen gelehrt, der bereits 1960 als Professor für Kirchengeschichte nach Göttingen berufen worden ist. Unter ihm wird erstmals eine Christlich-Archäologische Abteilung gegründet, der er als Direktor vorsteht. Im Jahr 1962 erhält die Christliche Archäologie daraufhin eigene Seminarräume – schon damals zusammen mit der Klassischen Archäologie im Nikolausberger Weg 15. Von nun an werden die Bibliothek, die Diathek und die Fotosammlung beständig erweitert. Als Hauptfach kann man Christliche Archäologie zu dieser Zeit aber noch nicht studieren. Es gibt lediglich die Möglichkeit, das Fach auf Antrag als Nebenfach sowohl in der Theologischen als auch in der Philosophischen Fakultät zuzulassen. Dabei stammen die meisten Antragsteller aus letzterer. So verwundert es nicht, dass es schließlich der Fakultätsrat der Philosophischen Fakultät ist, der in einer Sitzung 1976 einstimmig die Aufnahme des Faches Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte in den Fächerkatalog sowohl der Magisterordnung im Haupt- und Nebenfach als auch in den der Promotionsordnung beschließt. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist die Christliche Archäologie – wenn auch institutionell noch an der Theologischen Fakultät verankert – de facto Teil der Philosophischen Fakultät.

Nach der Emeritierung Andresens 1977 herrscht Unklarheit über das Weiterbestehen des Faches in Göttingen, da man die Einrichtung einer Abteilung und die Zuweisung von Räumlichkeiten Andresen ad personam gewährt hat. Doch erklärt sich sein Nachfolger Prof. Dr. Ekkehard Mühlenberg auch für die Übernahme der Direktion der Christlich-Archäologischen Abteilung sowie deren Lehre bereit.

Mit der Einrichtung einer eigenen Abteilung unter Andresen ist zugleich die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters geschaffen worden, die in der Theologischen Fakultät angesiedelt ist. Sie wird zunächst von Dr. Gernot Wießner besetzt, der später als Professor für Allgemeine Religionsgeschichte in Göttingen lehrt. Sein Nachfolger wird von 1970 bis 1981 Dr. Guntram Koch, der in der Lehre weiterhin von Mühlenberg und zuletzt auch von Dr. Dr. Claudia Nauerth (Wissenschaftliche Angestellte) und Dr. Renate Rosenthal (Wissenschaftliche Mitarbeiterin) unterstützt wird.

Zwischen 1981 und 1985 folgt Dr. Urs Peschlow als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte. Zum Sommersemester 1983 wird seine Stelle umgewandelt in eine Hochschulassistenz, die weiterhin in der Theologischen Fakultät verankert bleibt. Neben Peschlow halten außerdem noch Mühlenberg und Sabine Möllers M.A. Lehrveranstaltungen. Nach dem Weggang Peschlows übernehmen Mühlenberg und Möllers diese.

1985 wird die Umwandlung der Hochschulassistenz in eine C2-Professur auf Zeit beschlossen, die Dr. Rainer Warland ab 1987 vertritt und auf welche er im Wintersemester 1988/89 den Ruf erhält. Seine Professur ist aus staatskirchenrechtlichen Gründen in der Philosophischen Fakultät angesiedelt. Warland bleibt bis zum Sommersemester 1994.

Bevor Prof. Dr. Achim Arbeiter die Professur im Sommersemester 1998 übernimmt, hält erneut Mühlenberg gemeinsam mit Dr. Gudrun Bühl das Fach durch Lehrveranstaltungen am Leben. Gleichzeitig gibt es zähe Verhandlungen über das weitere Bestehen der Christlichen Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte an der Universität Göttingen. Wie bereits angeführt, gehört das Fach in der Praxis schon seit 1976 zur Philosophischen Fakultät, da es nur hier mit dem Ziel des Magisterabschlusses oder der Promotion studiert werden kann. Diesem Umstand Rechnung tragend, bietet die Theologische Fakultät im Jahr 1994 der Philosophischen Fakultät die Übernahme der Professur an. 1995 erklärt sich die Philosophische Fakultät dazu bereit, das Fach Christliche Archäologie und Byzantinische Kunstgeschichte von der Theologie zu übernehmen. So ist die Universitätsprofessur Arbeiters ebenfalls in der Philosophischen Fakultät angesiedelt. Das Lehrangebot wird seither durch zahlreiche Veranstaltungen von Dr. Stephan Westphalen (heute Professor in Heidelberg), PD Dr. (jetzt Apl. Prof.) Jutta Dresken-Weiland, PD Dr. Philipp Niewöhner, Dr. Ina Eichner, Anette Schomberg M.A., Wiebke Gernhöfer M.A., Jenny Abura M.A. (alle inzwischen Dres.), PD Dr. Christoph Eger, Christian Schnoor M.A., Dr. Markos Giannoulis und Norman Wetzig M.A. bereichert.



1: Entgegen seiner Unterzeichnung des Bekenntnisses der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat im Jahr 1933 soll Campenhausen den Nationalsozialismus abgelehnt haben, worunter seine wissenschaftliche Karriere im Dritten Reich gelitten haben soll (B. Moeller, Nekrolog. Hans Freiherr von Campenhausen 16.12.1903 bis 6.1.1989, in: HZ 249 [1989] 740-743).