Massiver Verlust natürlicher Feuchtgebiete in den letzten drei Jahrhunderten - Artikel in Nature
08.02.2023: In einem heute in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Artikel wird untersucht wie sich die Ausdehnung natürlicher Feuchtgebiete in den letzten drei Jahrhunderten verändert hat und welche Ursachen diese Veränderungen hatten. Die Arbeitsgruppe Pflanzenbau war an der Studie unter anderem mit Informationen zu landwirtschaftlichen Entwässerungsvorhaben sowie zu Drainagen im Bewässerungslandbau beteiligt.
In dem untersuchten Zeitraum wurden mindestens 3,4 Millionen Quadratkilometer Feuchtgebiete meist für die Nutzung als Ackerland umgewandelt: eine Fläche, die etwa der Größe Indiens entspricht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schätzen, dass Feuchtgebietsökosysteme in den vergangenen 300 Jahre durch menschliche Eingriffe um etwa 21 bis 35 Prozent zurückgegangen sind. Das ist weit weniger als die in früheren Studien geschätzten Verluste von 50 bis 87 Prozent. Die niedrigere Schätzung ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass sich die Studie nicht nur auf Stichproben aus Regionen mit historisch hohen Feuchtgebietsverlusten konzentriert. Der Verlust von Feuchtgebieten war am stärksten in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit regionalen Schwerpunkten in Europa, den USA und China. Mehr als 80 Prozent der ehemals vorhandenen natürlichen Feuchtgebiete wurden in Irland, Ungarn, Litauen, Deutschland und Italien trockengelegt. Generell sind die ehemaligen Feuchtgebiete in den gemäßigten Breiten besonders stark betroffen, während die abgelegenen boreal-arktischen Torfgebiete vergleichsweise unversehrt geblieben sind.
Die Ergebnisse dieser ersten systematischen, datenbasierten Erfassung des Ausmaßes des Verlustes von Feuchtgebieten tragen einerseits zum besseren Verständnis der Ursachen bei. Andererseits ermöglichen es die neuen Daten in Folgestudien die Wirkung dieser Landnutzungsänderungen zum Beispiel auf den Klimawandel, den Verlust an Biodiversität aber auch auf Produktivitätssteigerungen in der Landwirtschaft besser zu quantifizieren.
Weitere Informationen:
Originalveröffentlichung in der Zeitschrift Nature
Link zum Originalartikel für Leser(innen) ohne Abo der Zeitschrift
Link zu einem Kommentar des Artikels durch Nicholas J. Murray (James Cook University, Townsville, Australien)
Presseerklärung der Universität Göttingen
Anprechpartner in der Abteilung Pflanzenbau:
- Prof. Dr. Stefan Siebert, Tel. 0551-39-24359, stefan.siebert@uni-goettingen.de
Oben: Das Pietzmoor ist das größte zusammenhängende Moor in der Lüneburger Heide im Nordosten Niedersachsens.
Mitte: Heutiger Anteil an Feuchtgebietsfläche (blauer Farbverlauf) sowie Anteil des Verlustes an Feuchtgebieten seit 1700 (rote Farben) in Prozent
Unten: Das Orshinski Mokh Feuchtgebiet im Oblast Tver (Russische Föderation). Ein Viertel der ursprünglichen Feuchtgebiietsfläche wurde zwischen 1950 und 1990 trockengelegt um Torf abzubauen, dass als Brennstoff zur Energieerzeugung genutzt wurde (Foto: Kirill Shakhmatov)