CareerGuidance - Interviews mit Alumni
Herr Marc-Oliver Dorn, Personalreferent bei der Hannover Rückversicherung AG
Sie sind heute Personalreferent bei der Hannover Rück. Wie hat sich der Weg ergeben?
Zu meinen Aufgaben zählen Personalrekrutierung, Personalbetreuung, Personalmarketing und zu einem kleinen Teil auch Personalentwicklung. Vor meinem Studium hatte ich eine kaufmännische Ausbildung abgeschlossen und war noch sechs Jahre berufstätig, bevor ich das Studium der Sozialwissenschaften in Göttingen aufgenommen habe. Meine Kommilitonen von damals sind in verschiedenen Berufen und unterschiedlichen Branchen tätig, obwohl wir ja letztlich alle Diplomsozialwirte sind. Einige sind an der Uni geblieben und habilitieren in Politik oder Psychologie. Andere sind im PR Bereich, Marketing, Personalbereich oder in der Unternehmensberatung. Dies ist sehr interessant, weil wir heute noch ein Netzwerk bilden und dieses zum gegenseitigen Austausch nutzen. Der Weg zum Personalreferenten war eigentlich absehbar, denn ich hatte im Studium die Kombination aus Industrie- und Organisationssoziologie, Personalwirtschaft, Arbeitsrecht und Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie. Sehr geholfen hat mir auch meine umfangreiche Praxiserfahrung, wenn ich diese auch eher im Bereich Finance gesammelt hatte.
Warum haben Sie diese Tätigkeit gewählt?
Ich habe 2001 bei der Hannover Rück angefangen. Damals war der Arbeitsmarkt sehr schwierig; viele Unternehmen hatten frisch eingestellte Akademiker bereits in der Probzeit wieder entlassen müssen. Die Hannover Rück suchte konstant Personal und ich dachte mir, wenn dort eingestellt wird, gibt es vielleicht auch Unterstützungsbedarf im Personalbereich. So war es auch und ich erhielt zunächst einen auf sechs Monate befristeten Vertrag, der nach noch einmaliger Verlängerung dann entfristet wurde. Für mich war aber auch klar, dass meine Kompetenz in der Betreuung liegt und ich gern bei einem Finanzdienstleister arbeiten möchte. Dabei habe ich Versicherungen den Banken vorgezogen, da Versicherungen eher längerfristig planen.
Wie kann man sich Ihren Arbeitstag vorstellen?
Mein Arbeitsalltag ist sehr abwechslungsreich. Die Rahmenbedingungen sind ideal. Wir haben keine Kernzeit, sondern flexible Arbeitszeiten. Ich bin nicht der Typ, der von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr arbeitet und dann den Stift fallen lässt. Ich schätze aber auch, dass ich mein Privatleben und meinen Job gut miteinander abgleichen kann. Wenn ich also aufgrund eines privaten Termins später zu Arbeit komme, ist das kein Problem; genauso wie früher gehen oder einen Tag kurzfristig freinehmen. Meine Termine plane ich überwiegend selbständig. Natürlich muss man bei bestimmten Terminen anwesend sein und auch sicherstellen, dass immer jemand da ist, aber das klappt mit meinen Kolleginnen und Kollegen sehr gut. Dafür kann es natürlich in Hochphasen auch mal länger werden und an sich ist der Job nichts für Menschen, die jeden Tag wissen wollen, was morgen passiert. Als Personalreferent hat man mit Menschen zu tun und die sind nun mal alle unterschiedlich. Es gibt Routineaufgaben wie Bewerbungen sichten und Einstellungsinterviews führen. Durchführung von Mediationen oder Coachingmaßnahmen, Moderationen, Messebesuche, Vorträge halten und Strategien und Konzepte entwickeln. Daneben aber auch jede Menge administrative Aufgaben, denn die Dokumentationspflicht ist auch im Personalbereich sehr hoch. Im Ergebnis ist das sehr spannend und oft verläuft ein Tag anders als geplant. Beispielsweise wenn ein Kollege kurzfristig erkrankt und man einspringen muss, ohne dass man wirklich vorbereitet ist. Das klappt dann meist trotzdem, da man gelernt hat zu improvisieren und weil wir alle mit den gleichen Methoden arbeiten.
Welche Qualifikationen und Fähigkeiten halten Sie für wichtige Voraussetzungen für die Ausübung Ihrer Tätigkeit?
Grundsätzlich ein in seinen Wertvorstellungen gefestigter Mensch zu sein und nach diesen Werten auch immer wieder die Aufgaben und Probleme zu beurteilen. Nur so kommt man zu Ergebnissen, hinter denen man auch stehen kann. Z.B. Gerechtigkeit. Natürlich gibt es keine absolute Gerechtigkeit, aber man muss seine persönlichen Vorlieben oder Abneigungen nun mal komplett abschalten und sich fragen; welche objektiven Informationen habe ich und nach welchen Kriterien entscheide ich? Nur dann kann man sicherstellen, dass bei gleichen Fakten Mitarbeiter A gegenüber Mitarbeiter B gleich behandelt wird. Darüber hinaus muss man zuhören können und sein eigenes Handeln stetig hinterfragen. Nur so kann man sich weiterentwickeln. Letztlich lernt man auch im Personalbereich nie aus. Fachliche Schwerpunkte im Studium sind hilfreich, aber wenn jemand keine ausgeprägte Kontaktfähigkeit hat und nicht kommunikativ ist, wird es auch hier schwierig.
Welche Entwicklungschancen gibt es bei Ihrer Organisation / in Ihrer Branche / in Ihrem Beruf?
Für Absolventen, die in den Personalbereich wollen, ist es sehr schwer den Einstieg zu finden. Ohne längere Praktika stehen die Chancen bei Null. Es gibt aber verschiedene Alternativen. Man kann z.B. auch bei einer Zeitarbeitsfirma anfangen und temporär in verschiedenen Firmen im Personalbereich tätig sein. Beispielsweise im Bewerbermanagement oder zur Unterstützung bei administrativen Aufgaben in der Personalentwicklung. Hierüber bekommt man einen Einblick, knüpft Kontakte und gewinnt die notwendige erste Erfahrung.
Können Sie sich noch zurück erinnern, was die wichtigsten Schritte damals kurz nach Abschluss des Studiums auf Ihrem Weg zum Berufseinstieg waren?
Der wichtigste Schritt ist, dass man weiß, was die eigenen Stärken sind, was einem wirklich Spaß macht und was für einen die passenden Unternehmen sein könnten. Mir war klar, dass ich nicht in die Industrie möchte und auch nicht in die Unternehmensberatung. Meine praktische Erfahrung hatte ich im Finance Bereich und daher sah ich meine größten Chancen, in diesem Umfeld eine passende Tätigkeit zu finden.
Gibt es Ereignisse, mit denen Sie damals während der Bewerbungsphase überhaupt nicht gerechnet haben?
Eigentlich nicht. Ich würde aber empfehlen Bewerbungsgespräche auch als Lernphase zu sehen. Man sollte also auch zu Gesprächen gehen, wenn man den Job vielleicht nicht ganz oben auf der Prioliste hat. Hierdurch bekommt man ein besseres Gefühl und entspannt sich auch nach einer Zeit eher.
Welchen Rat können Sie den Göttinger Studierenden mit auf den Weg zum Beruf geben?
Findet heraus, was Ihr wirklich könnt. Nutzt alle praktischen Erfahrungen und theoretisches Wissen, kennt eigene Sozial- und Methodenkompetenzen und nutzt auch die vorhandenen Kontakte für die Jobsuche. Und vergesst nie, dass in einem Unternehmen jeder seinen Beitrag leistet und sei er auf dem ersten Blick noch so klein. Es heißt meist nicht umsonst, dass man sich zweimal im Leben triff; einmal auf dem Weg nach oben und später auf dem Weg nach unten. Und unterschätzt niemals die Sekretärinnen und ihre Vertrauensfunktion. Wer sich mit Ihnen gut stellt, hat es meist leichter und sei es nur kurzfristig einen Termin bei einem Vorgesetzten zu bekommen. Vor allem aber Ausdauer zeigen. Manchmal verändert sich ein Job und macht ggf. keinen Spaß mehr. Dann sollte man prüfen, woran dies liegt. Manches ist nur vorübergehender Natur und daher sollte man offen mit seinen Vorgesetzten sprechen und nach Veränderungsmöglichkeiten suchen. Eine Kündigung sollte immer das letzte Mittel sein, um eine Veränderung herbeizuführen.