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Press release: Eisen-Schwefel-Minerale zeugen vom frühesten Leben auf der Erde

No. 74 - 15.05.2024

Forschungsteam untersucht kugelförmigen Pyrit aus heißen Quellen der Tiefsee

 

(pug) Bestimmte Minerale mit charakteristischen Formen könnten auf die Aktivität von Bakterien in heißen Quellen der Tiefsee vor mehreren Milliarden Jahren hinweisen. Sie tragen entscheidend zum Verständnis der Entstehung des Lebens bei. Das hat eine Studie der Universitäten Tübingen und Göttingen ergeben. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Communications Earth & Environment veröffentlicht.

 

Geologischen Berichten zufolge gibt es heiße Quellen auf unserem Planeten seit mindestens 3,77 Milliarden Jahren. Ähnliche Systeme werden auch auf anderen Himmelskörpern unseres Sonnensystems vermutet, auf denen Leben existieren könnte. Aufgrund der extrem dynamischen physikalischen und chemischen Bedingungen gelten solche Systeme als möglicher Entstehungsort der ersten organischen Stoffe auf der Erde – und auch der ersten Lebewesen.

 

„Um zu verstehen, wie das Leben entstanden ist, wollen wir die Evolution von Mikroorganismen über Jahrmilliarden zurückverfolgen. Dazu suchen wir in den ältesten Gesteinen der Erde nach Spuren von Leben, sogenannten Biosignaturen“, erklärt Eric Runge, der an der Universität Tübingen in einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Emmy Noether-Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Jan-Peter Duda geforscht hat, bevor beide an die Universität Göttingen wechselten. Allerdings ließe sich nicht immer eindeutig klären, so Runge, ob Minerale in Gesteinen durch Einwirkung von Lebewesen wie Mikroorganismen entstanden sind oder allein durch chemische und physikalische Prozesse. „Wir schärfen unser Suchbild für Biosignaturen und verstehen immer besser, wie sich biologisch entstandene Gesteine über lange geologische Zeiträume verändern“, sagt er.

 

Eine besonders verheißungsvolle Biosignatur ist das in heißen Quellen der Tiefsee vorkommende Eisen-Schwefel-Mineral Pyrit – besser bekannt als Katzengold. Pyrit kann entweder direkt gebildet werden oder sekundär aus dem Mineral Magnetit, wenn dieses mit dort vorkommenden schwefelreichen Fluiden reagiert. Entscheidend ist, dass es dabei in verschiedenen Formen auftritt. „In unseren Analysen erwies sich Pyrit in charakteristischer Kugelform als besonders interessant, die Struktur ähnelt der einer Himbeere“, berichtet Prof. Dr. Andreas Kappler von der Universität Tübingen. „In dieser Form entstand er nur, wenn der Ausgangsstoff Magnetit durch Eisen reduzierende Bakterien gebildet worden war.“

 

Unter Luftabschluss können bestimmte Bakterien wachsen und Energie gewinnen, indem sie die Elektronen aus ihrer Nahrung nicht – wie der Mensch und viele andere Tiere – auf Sauerstoff übertragen, sondern auf oxidiertes Eisen. Dieses wird dabei reduziert, und es kann Magnetit entstehen; ein Prozess, der an heutigen heißen Quellen der Tiefsee weit verbreitet ist. Im Experiment hat das Forschungsteam nun nachgestellt, wie Magnetit mit den schwefelreichen Fluiden der heißen Quellen chemisch reagiert. Hierzu setzte es parallel nicht biologisch entstandenen Magnetit und biologisch in Bakterienkulturen gebildeten Magnetit Bedingungen aus, wie sie in den extremen Lebensräumen heutiger Magnetit bildender Bakterien um heiße Quellen herrschen.

 

„Wir haben beobachtet, dass sowohl der nicht-biologische als auch der biologische Magnetit innerhalb von Stunden weitgehend aufgelöst wurden. Unsere Untersuchungen am Rasterelektronenmikroskop zeigten jedoch, dass sich die Kristallformen der Umwandlungsprodukte nach einigen Wochen deutlich unterschieden“, berichtet Runge. „Während sich in den Experimenten mit nicht-biologischem Magnetit verzweigte, ‚tannenbaumförmige‘ Pyritkristalle bildeten, war der Pyrit in den Experimenten mit biologischem Magnetit eher kugelförmig.“ Solche kugelförmigen Pyrite können als fossiler Nachweis für frühes bakterielles Leben dienen, fasst Kappler zusammen, „insbesondere in den ältesten, durch heiße Quellen gebildeten Gesteinen auf unserem Planeten.“

 

„Die Erforschung von Biosignaturen ist aber nicht nur relevant, um die Geschichte des Lebens auf der Erde zu entschlüsseln“ sagt Duda. „Heiße Quellen, ähnlich denen in unserer Tiefsee, könnten zum Beispiel auch auf dem Saturnmond Enceladus vorkommen. Sollte es dort Leben geben, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Mikroorganismen. Studien wie unsere liefern die Grundlagen, um deren Spuren zu erkennen.“

 

Originalveröffentlichung: Eric Runge et al. Hydrothermal sulfidation of biogenic magnetite produces framboid-like pyrite. Communications Earth & Environment. www.nature.com/articles/s43247-024-01400-z.

 

Kontakt:

Prof. Dr. Jan-Peter Duda

Georg-August-Universität Göttingen

Geowissenschaftliches Zentrum – Abteilung Geobiologie

Telefon: (0551) 39-27922

E-Mail: jan-peter.duda@uni-goettingen.de

Internet: www.uni-goettingen.de/de/670272.html

 

Eric Runge

Georg-August-Universität Göttingen

Geowissenschaftliches Zentrum – Abteilung Geobiologie

Telefon: (0551) 39-27922

E-Mail: eric.runge@uni-goettingen.de

Internet: www.uni-goettingen.de/de/678861.html

 

Prof. Dr. Andreas Kappler

Universität Tübingen

Zentrum für Angewandte Geowissenschaften – Geomikrobiologie

Telefon: (07071) 29-74992

E-Mail: andreas.kappler@uni-tuebingen.de