Feldahorn und Hainbuche beliebt
(gb) Der luftigste Praktikumsplatz an der Universität liegt in 17 Meter Höhe über dem Waldboden im Experimentellen Botanischen Garten und ist durch ein Baugerüst zu erreichen. Hier oben sammeln Nils Heinrich und Przemek Nieczaj Insekten von Baumkronen. Sie fangen Honigbienen und Wildbienen mit einem Kescher von den blühenden Bäumen; Käfer, Fliegen und Spinnen fischen sie aus gelb-blauen Insektenfallen. Anschließend werden die Funde sortiert und bestimmt. Die beiden Insektenjäger studieren im Master Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Ressourcenmanagement. Das Praktikum absolvieren sie im Projektpraktikum Naturschutz.
„In meinem bisherigen Studium habe ich mich auf Bäume spezialisiert“, sagt Heinrich. „Da ist es für mich spannend, hier oben zu arbeiten.“ Besonders die Vielfalt der Insekten hat es ihm angetan: „Man weiß das natürlich aus Büchern, dass es viele Arten gibt, aber wenn man selbst mit dem Kescher unterwegs ist, wird es viel greifbarer.“
Nieczaj interessiert sich vor allem für die neuartige Aufgabe: „Insektenbestimmung so weit oben, das kannte ich noch nicht.“ Die Höhe hat ihm zu Anfang aber doch zu schaffen gemacht. „Ich dachte, ich wäre höhenfester“ schmunzelt er. Das Gerüst ist zwar solide gesichert, aber nach allen Seiten offen. Die Etagen müssen auf Metallleitern erklommen werden. Oben führt ein schmaler Gang mit Metallgeländer auf Hüfthöhe an den Bäumen entlang. „Man gewinnt Vertrauen mit der Zeit“, sagt Nieczaj. Inzwischen läuft er trittsicher über die Planken und führt den Kescher weit in die Baumkronen.
Die Idee für das Projekt stammt von ihren Dozierenden Svenja Bänsch von der AG Funktionelle Agrobiodiversität und Felix Klaus von der AG Agrarökologie. Die AGs bieten das Projektpraktikum gemeinsam an. Bänsch untersuchte in ihrer Promotion die Pollenhöschen von Bienen auf molekularer Ebene mittels DNA-Analyse und fand Pollen von Baumblüten. „Mit den Ergebnissen der beiden Studenten wollen wir herausfinden, welche Bestäuber in dieser Höhe noch unterwegs sind“, sagt sie.
Heinrich und Nieczaj haben in fünf Wochen rund 40 verschiedene Arten beobachten können. „Jeder Baum zieht andere Insekten an“, erklärt Heinrich. So hat sich zum Beispiel die Robinie als Leckerbissen für Erdhummeln und Honigbienen herausgestellt, beim Bergahorn sammelten sich unerwartete Gäste wie Märzfliegen und Weichkäfer. Bänsch freut sich, dass sie für die Feldforschung den Baumkronenpfad nutzen konnte, der eigentlich der AG Ökophysiologie und Ökosystemforschung gehört: „Auch weit über dem Erdboden gibt es noch ein reges Treiben – das können wir mit den ersten Ergebnissen bestätigen.“