Magnetisch, glitzernd, rätselhaft
(her) Alle Stühle um den runden Tisch sind schnell besetzt. Nach und nach wird Gestein aus Tüten und kleinen Boxen herausgeholt, aus Tüchern gewickelt und Dr. Frank Langenstrassen gereicht. Einmal im Monat bietet das Geowissenschaftlichen Museum der Universität eine kostenfreie Fundberatung für Fossilien, Minerale und Gesteine an, die von dem Paläontologen im Ruhestand betreut wird. Mit allen Sinnen, mit Lupe, Magnet und Säuretest begutachtet er die Stücke, fragt gezielt nach Fundort und -umständen, um im Gespräch die Geschichte dahinter zu erhellen. Mit seinem Wissen und seiner Erfahrung kann er meistens die Frage beantworten, die die Hobbysammler am Tisch vereint: Was ist das?
Schön gezeichnet und geriefelt ist das Exemplar, das der Göttinger Frank Schwieger aus der Styroporverpackung hervorholt – ein Fund im Uferschutt des dänischen Limfjords. Nach einem kurzen Blick auch durch die Lupe hat Langenstrassen Struktur und Aufbau erfasst und ist sich sicher: „Dieses schöne Stück ist eine Verkieselung einer einzelnen Koralle. Reine Kieselsäure hat an der Koralle angesetzt und diese vollständig durchsetzt.“
Und er liefert weitere Informationen, während alle am Tisch den Fund aus der Nähe bewundern: Der Hornstein, im Volksmund auch Feuerstein genannt, stammt aus der oberen Kreidezeit; er ist an den Küsten von Nord- und Ostsee weit verbreitet. Als Brandungsgeröll ist es das härteste Gestein.
Aus Gießen ist Wilhelm Ruf angereist, um mehr über die dunklen Bröckchen zu erfahren, die er mitgebracht hat. An manchen Stellen ist das Gestein magnetisch; Beschaffenheit und Fundort lassen darauf schließen, dass es sich um Eisenschlacke aus einer historischen Erzverhüttung handelt. Langenstrassen erhält ein kleines Exemplar zur weiteren Begutachtung.
Schwer und glitzernd ist ein etwa faustgroßes Gestein, das ein Besucher auf einem Acker nahe Hann. Münden gefunden hat, weil der Metalldetektor anschlug. Hier kann Langenstrassen das Rätsel einmal nicht vollständig lösen, vermutet aber ein eisenreiches Sediment aus der Buntsandsteinzeit, also rund 250 Millionen Jahre alt.
Anders bei den Funden vom schleswig-holsteinischen Ostseestrand, die der Hann. Mündener Frank Rohlfs in drei Boxen mitbringt. Ihn fasziniert, 100 Millionen Jahre altes Gestein in den Händen zu halten und mithilfe von Fachbüchern zu bestimmen. Manches lässt sich jedoch so nicht herausfinden, deshalb ist er nun bei der Fundberatung – ein Tipp seines Nachbarn. Während seine zahlreichen Funde von Hand zu Hand gehen und sich Fachgespräche unter Sammlern entwickeln, spürt Langenstrassen unter den zahlreichen Pyritknollen und Kalksteinen auch Besonderes auf: ein Zahn und ein Seeigelstachel. Die Freude ist nicht nur bei Rohlfs groß.
Boxen sorgen für einen sicheren Transport der Fundstücke.
Und auch auf die abschließende Frage, wo sich rund um Göttingen gut sammeln lässt, hat er einen Tipp parat: Mit einer geologischen Karte ins Gelände gehen – seine eigene stammt aus dem Jahr 1929 – und zum Beispiel im oberen Bereich des Muschelkalks suchen. Wichtig sei es auch, immer die Fundortangaben zu den Fundstücken zu notieren, beispielweise in einem kleinen Heft, zusammen mit einer Nummerierung, die sich auf dem Objekt wiederfindet.
Die Fundberatung im Geowissenschaftlichen Museum findet jeweils am letzten Donnerstag eines jeden Monats ab 17 Uhr statt – wegen des Feiertags Ende Oktober ist der nächste Termin am 28. November 2019.
www.geomuseum.uni-goettingen.de
Dieser Artikel ist in uni|inform Oktober 2019 erschienen. Die gesamte Universitätszeitung ist online unter www.uni-goettingen.de/uniinform zu finden.